Mülheim. Lange saß der „Geigenspieler“ mit leeren Händen da: Mehr als ein Jahrzehnt ist es her, dass der Bogen der Bronzeskulptur geklaut wurde. Nur durch eine Spende des Mülheimer Kunstvereins konnte das Kunstwerk nun wieder komplettiert werden. Denn im städtischen Haushalt kommt Kunst im öffentlichen Raum nicht vor.

Die Zeitangaben überraschen auch die Fachleute, doch Henk Medenblik vom Dümptener Bürgerverein ist sicher: Der Bogen wurde schon im vergangenen Jahrtausend geklaut. Das bedeutet, dass der Geigenspieler mindestens 13 Jahre, aber eher mehr, mit leeren Händen dasaß. Seit gestern ist die von der Mülheimer Künstlerin Heide Friede gestaltete Bronzeskulptur wieder komplett. Möglich machte dies nur eine Spende des Mülheimer Kunstvereins; denn im städtischen Etat ist die Erhaltung von Kunst im öffentlichen Raum nicht vorgesehen – noch nicht.

An der Kunst im Stadtraum wurde früh gespart: Bereits in den 1990er Jahren, berichtet Kulturbetriebsleiter Dirk Schneider, wurden die Mittel dafür komplett gestrichen. Geht es nach der Verwaltung, würde sich dies jedoch ab kommendem Jahr ändern. Im September legte sie einen vierseitigen Katalog vor, der die dringendsten Reparaturen an öffentlichen Werken auflistete. Damit einher ging der Vorschlag, ein Sockelbudget von 20.000 € in den Haushalt 2014 einzustellen. „Der Vorschlag wurde von der Politik begrüßt“, sagt Schneider. Doch blieb es bisher dabei. „Es ist fraglich, ob das tatsächlich Gegenstand eines politischen Antrags wird“, sagt der Kulturbetriebsleiter, der hofft, „im Rahmen der Etatberatungen, einen Einstieg in das Thema“ zu finden. Vielleicht schon im nächsten Kulturausschuss, der kommende Woche Donnerstag, 7. November, ansteht.

"Beschämend" für Deutschland

In Dümpten sprang der Kunstverein ein. Spontan sagte dessen Vorsitzender Rainer Grillo die Spende zu, als ihm Dr. Gerhard Ribbrock, stv. Leiter des Kunstmuseums, vom Wunsch der Dümptener berichtete, den Geigenspieler wieder zu komplettieren. Auch Grillo persönlich ist es ein Anliegen. Mit Blick auf den zeitweilig gestohlenen Bogenschützen und mit Graffiti übersäte Kunstwerke sagt er: „Es ist schäbig, öffentliche Kunst zu schädigen.“ In anderen Ländern genieße sie mehr Respekt. Der Umgang damit sei „beschämend“ für Deutschland.

Der Dümptener Bürgerverein hat zugesagt, ein Auge auf die Skulptur zu haben, die an der Ecke Denkhauser Höfe und Oberheid-straße steht – oder vielmehr sitzt. Mülheimer selbst waren es, die sie bei einem Wettbewerb anlässlich des 175-jährigen Stadtbestehens auswählten. 190 stimmten ab, 37% waren für Heide Friedes Werk. Und die Mülheimer Künstlerin gestaltete den neuen Bogen auch selbst. Dabei sorgte sie diesmal für mehr Stabilität, wie Gerhard Ribbrock berichtet: „Der Bogen wurde ein wenig anders gekippt und ist breiter. Dadurch sind es nun vier statt zwei Schweißpunkte.“