„Ich stand an der Küste und redete mit der Brandung BLABLA, im Rücken die Ruinen von Europa.“ Diese Zeile steht am Anfang von Heiner Müllers „Die Hamletmaschine“. 1977 schrieb der deutsche Dramatiker über die Tragödie der Intellektuellen in der DDR. Dass gerade ein Regisseur aus Kamerun in diesem Stück Inspiration findet, mag verwundern. Doch Martin Ambara fand in dem Text sein Land wieder, das so europäisch geprägt ist, dass es nichts Eigenes hat. Gemeinsam mit Kainkollektiv entwickelte Ambara eine europäisch-afrikanische Inszenierung, die die Frage nach einer kamerunischen Identität anstoßen soll. „Fin de Machine / Exit.Hamlet“ wird am 8. November im Ringlokschuppen uraufgeführt.

Die Deutschen haben in ihrer ehemaligen Kolonie Spuren hinterlassen; doch vor allem die Franzosen waren es, die die Kultur des Landes bis heute prägen. Das zeigt sich auch in der Kulturszene, die sehr traditionell ist. Die französische Klassik etwa beherrscht das Theater. Für sein Theaterlabor „Othni“ suchte Martin Ambara deshalb „Texte, die in jeder Hinsicht aus diesem Kanon ausbrechen“. Er fand einen, als er 2010 die Kulturhauptstadt für „Theater der Welt“ besuchte. „Die Hamletmaschine“ fasziniert Ambara. „Ich wollte dazu arbeiten und suchte jemanden, der sich mit Müller auskennt.“

Er fand sie in Kainkollektiv, in Fabian Lettow und Miriam Schuck. Per Mail nahm man zunächst Kontakt auf. 2010 war das – seitdem beschäftigt man sich gemeinsam mit Müller. Für Lettow ist die Zusammenarbeit der Beweis, dass „Müller ein internationaler Autor ist, der über die Globalisierung“ schrieb.

„Die Menschmaschine“ ist der Ausgangpunkt. Dazu arbeiteten Kainkollektiv und Martin Ambara im August fünf Wochen in Kamerun, ein Einfühlen in Land und Leute war es für die Europäer. Seit Anfang Oktober wird im Ringlokschuppen gemeinsam ein Stück entwickelt, das nach der kamerunischen Identität, nach deutscher Verantwortung und nach der Bildpolitik der Moderne, nach dem, was gezeigt und was verborgen bleibt, gleichermaßen fragt.

Kainkollektiv bleiben sich dabei treu: Tanz, Sound, Video gehören mit zur Gesamtperformance. Für Martin Ambara ist es ein wichtiger Aspekt der Zusammenarbeit, dass seine Compagnie „Erfahrungen mit zeitgenössischem Theater sammelt“. Dieses wird nach der Mülheimer Premiere in Düsseldorf und Hamburg aufgeführt, bevor es – in einer angepassten Version – im Januar in Kamerun zu sehen ist. Dort erwartet Martin Ambara viel Gegenwind, bricht das Stück doch nicht nur aus dem bekannten Kanon aus. Es beginnt die Suche nach der kamerunischen Identität auch mit einem Kahlschlag: „Ich stand an der Küste und redete mit der Brandung BLABLA, im Rücken die Ruinen von Afrika.“