Die Krätzefälle im Haus Kuhlendahl (die NRZ berichtete erstmals am 11. Oktober) waren im Verdachtsstadium lange vor der Meldung an das Gesundheitsamt bekannt. Wie Amtsarzt Dieter Weber auf Anfrage bestätigte, ging die offizielle Benachrichtigung des Altenheims am 7. Oktober bei ihm ein. Schon zuvor aber habe man gemeinsam mit dem städtischen Betreiber verdächtige Krankheitsverläufe „beobachtet“.

Der Geschäftsführer der Seniorendienste, Alexander Keppers, nannte gegenüber der NRZ den Fall einer Frau, die seit mehreren Wochen fragliche Krätze-Symptome aufwies. „Die Meldepflicht ergab sich für uns aber erst nach zwei ärztlich einwandfreien Diagnosen.“ Amtsarzt Weber verwies in dem Punkt auf die Verantwortung des Betreibers. Das Infektionsschutzgesetz erzwingt Handeln erst ab dem zweiten Fall. Davor gibt es Kann-Bestimmungen. So ist das Gesundheitsamt berechtigt, schon bei einem einzigen Verdachtsfall die Information in der Einrichtung zu verbreiten oder Schutzmaßnahmen anzuordnen.

Nach Angaben von Heimbesuchern soll die genannte Frau mit den verdächtigen Symptomen demenzkrank sein, was eine Rückversicherung über den Krankheitsverlauf erschwert. Auch andere der 85 Bewohner litten in den letzten Wochen und Monaten aber offenbar so stark unter Juckreiz, dass seitens des Personals angeblich die Empfehlung ausgesprochen worden ist, spezielle Salben zu benutzen. Keppers, der nach dem Rauswurf von Heinz Rinas erst seit Mitte August im Amt ist, konnte diese Information nicht bestätigen. Juckreiz allein lässt allerdings auch keineswegs den zweifelsfreien Rückschluss auf die Erkrankung zu, die das Robert-Koch-Institut eine „infektionsmedizinische Herausforderung“ nennt.

Zehn Infizierte hat das Gesundheitsamt inzwischen im Kuhlendahl ausgemacht. Sie, die anderen Bewohner und die 45 Beschäftigten wurden gestern mit einer Salbe behandelt, die Krätzemilben binnen 24 Stunden abtöten kann. Die Behandlung muss möglicherweise wiederholt werden. Das Personal trägt bis auf Weiteres Schutzkleidung, die Infizierten bleiben auf ihren Zimmern, Gemeinschaftsveranstaltungen fallen aus, Bett- und Unterwäsche müssen ausgetauscht werden. Keppers hofft, damit der Situation Herr zu werden, was sich indes erst nach Ablauf der Inkubationszeit Mitte November erweisen wird. Der „Reputationsschaden für das Heim“ sei aber jetzt schon da, bekannte Keppers.

Amtsarzt Weber sorgt sich indes nicht nur um das Heim. Auch aus Kindergärten und Schulen erreichten ihn zuletzt Meldungen über Krätze. Zahlen nannte Weber nicht. Der Mediziner will die Vorgänge auch nicht überbewerten. Normal aber sei „ein Krätzefall pro Monat“. Keppers erklärte, er könne sich nicht vorstellen, dass das Heim Herd einer Verbreitung sei.