Vor nur zwei Wochen nahmen der Kölner Regisseur Jörg Fürst und sein neues Team die Arbeit mit dem Ensemble des Theater Mülheimer Spätlese auf – und schon sind die ersten Premierentermine Ende Januar und Mitte Juni geplant. Zwar sind die nicht unumstößlich, doch ist das Signal eindeutig: Auch unter dem Dach des Theater an der Ruhr bleibt Mülheims Seniorentheater lebendig – und traut sich an Neues.

22 Jahre gibt es das Theater Mülheimer Spätlese, doch 2012 stand es kurzzeitig vor dem Aus. Wie berichtet, strich die Leonard-Stinnes-Stiftung ihre finanzielle Förderung. Um die Seniorenbühne zu retten, wurde sie an das Theater an der Ruhr angegliedert. Jörg Fürst übernahm mit Beginn dieser Spielzeit die Leitung und brachte „eine neue Form der Arbeit“ mit. Workshops nämlich, in denen sich alle Beteiligten „ergebnisunabhängig eine Theatersprache erarbeiten“. Zu den Grundlagen, sagt der Regisseur, geht er damit zurück, mit Übungen, „die sich nicht groß von dem unterscheiden, was ich mit Profis mache“. Die Senioren haben teils lange Bühnenerfahrung, doch will Fürst sie zusätzlich fordern, ihre Wahrnehmung erweitern.

Von viel Unsicherheit beim ersten Treffen berichtet Renate Grimaldi, langjährige Mitarbeiterin im Theater an der Ruhr und ehrenamtlich Teil des Spätlese-Teams, doch sie betont auch: „Alle haben sich darauf eingelassen.“ Nur drei der 38 Akteure seien aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden.

Die Offenheit für Neues der Senioren betont auch Jörg Fürst. Besonders deutlich wird sie für ihn durch die Wiederaufnahme eines bewährten Stücks: „Bis zum Letzten“ wurde leicht – etwa beim Licht – geändert und um eine neue Szene ergänzt. Das habe, so Fürst, „ein tolles Stück noch einen Ticken nach vorne gebracht“. Zu sehen ist es am 10., 11., 17. und 19. Oktober, 19.30 Uhr, Adolfstraße 89a (Karten: 8, erm. 6 €, 599 01 15).

Sehr offen und warmherzig sei er empfangen worden, sagt Jörg Fürst und zeigt sich von der Kraft der Senioren auf der Bühne, von der ehrlichen und intensiven Zusammenarbeit begeistert. Bisher scheint für Sven Schlötcke vom Theater an der Ruhr das Konzept aufzugehen, „einen Theatermacher mit starkem ästhetischen Anspruch und Menschen mit ganz anderem Hintergrund“ zusammenzubringen: „Da prallen Welten aufeinander und es gibt eine spannende Reaktion.“

Dreimal in der Woche sind die Senioren im Theaterstudio. In zwei Projektgruppen erarbeiten sie auch Themen für kommende Produktionen. Ob die erste tatsächlich am 30. Januar Premiere feiert, entscheiden alle Beteiligten Mitte November gemeinsam.