Ohne Leistungseinschränkungen bekommt man den Etat nicht in den Griff, sagt der Kämmerer Uwe Bonan

Ist die Schmerzgrenze erreicht? Wird jetzt das Sparen der Stadt dem Bürger weh tun? Das zumindest hält Kämmerer Uwe Bonan für notwendig.Gestern brachte er den Etatentwurf für das kommende Jahr in den Rat ein. Bis jetzt haben die Bürger die Verschuldung der Stadt so gut wie nicht gemerkt. 2010 hatte die Verwaltung einige Einrichtungen und Leistungen zur Disposition gestellt. Nach einem Aufschrei war von den meisten Punkten dann keine Rede mehr. Aber auch im Alltag geht es meist reibungslos. Bonan nennt ein Beispiel: Im Bürgeramt führte Personalmangel zu längeren Wartezeiten. „Und schon sitzen alle auf dem Baum“. Die Politik knickt dann ein. Kurz, immer wieder hätten sich Mehrheiten gefunden, um die Schließungen oder die Beendigung von Leistungen zu verhindern.

Bonan hält nicht die Blut, Schweiß und Tränen Rede, die bei der Dramatik der Zahlen zu erwarten wäre, denn die Überschuldung rückt immer näher. Jetzt ist es 2018 soweit. Aber der Kämmerer macht unmissverständlich deutlich: „Ein ‘Weiter so’ ist nicht finanzierbar“. Die laufende Diskussion über die Zukunft der Verkehrsbetriebe und die Entscheidung zwischen den Alternativen Bus und Bahn bezeichnet er als Gradmesser dafür, wie ernst es die Politik mit der Haushaltssanierung nimmt. Das 30 Millionen Defizit der MVG ist für ihn zumindest keine feste Größe.

Mit dem Personalabbau ist die Stadt noch nicht so weit vorangekommen wie es 2010 beabsichtigt war. Beschlossen wurde bis Ende 2014 eine Einsparsumme von 13,5 Millionen Euro und bis 2016 sogar 16,5 Millionen. Das wären dann 270 Beschäftigte. Zum Ende des Jahres ist etwa die Hälfte des Einsparpotenzials erschlossen. Für das nächste Jahr hofft Bonan weitere zwei Millionen durch sozialverträglichen Personalabbau erzielen zu können. Am Ziel angelangt wäre man dann 2018. Schon jetzt sei aber klar, dass dieses Ziel nur mit Leistungseinschränkungen zu erzielen sei. Um es zu erreichen, müsse auch bei allen Pflichtaufgaben der Bearbeitungsstandard überprüft werden. So liegt beispielsweise der Personalschlüssel bei der Offenen Ganztagsgrundschule über dem Soll. Bei diesem und anderen Dingen müsse man dann entscheiden, ob man sich das noch leisten will und kann. Deshalb will der Kämmerer in den politischen Gremien alle Leistungen durchgehen. Diese Prüfung werde sich nicht nur auf die Kernverwaltung beschränken, sondern die Töchter mit einbeziehen. „Verzicht wird nötig sein“, kündigte er gestern an und sieht darin eine wesentliche Aufgabe des neuen Rates, der im kommenden Mai gewählt wird. Schon jetzt habe man bereits fast alle Ämter durchleuchtet, sei aber nicht auf Einsparpotenziale gestoßen. Bonan erhofft sich auch Hinweise von den Erkenntnissen der Gemeindeprüfungsanstalt, die derzeit die kreisfreien Städte untersucht. Die Erkenntnis aus anderen Städten seien für Mülheim auszuwerten. Viel habe das in der Vergangenheit nicht gebracht, räumt er ein, aber es habe Hinweise bei der Gebäudereinigung gegeben, die schließlich zur Fremdvergabe geführt hätten.

Ohne das Haushaltssicherungskonzept wäre es noch viel schlimmer. Im laufenden Jahr konnten dadurch knapp 38 Millionen Euro gespart werden, im kommenden Jahr sollen es über 44 Millionen und 2021 schließlich 90 Millionen sein.

Klar sei aber auch, dass eine Kommune nicht aus eigener Kraft aus den Schulden komme. „Wir sparen in vielen Bereich gegen neue Belastungen an“, sagt Bonan mit Blick auf die steigenden Soziallasten. Der Bund müsse endlich die Kommunen entlasten und die Eingliederungshilfen für behinderte Menschen übernehmen. Das wäre für Mülheim eine Entlastung von mindestens 24 Millionen Euro. Die Überschuldung könnte dadurch verzögert werden. Die Absenkung der RWE-Dividende will er nicht hinnehmen und will, wie andere Städten auch, Druck aufbauen, dass die Dividende wieder erhöht wird.

Zentraler Punkt ist es für Bonan, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen, um die Handlungsfähigkeit der Stadt der bewahren.