Am MPI für Chemische Energiekonversion wurde ein spezielles Computer-Programm, das Wissenschaftlern in aller Welt bei ihrer Arbeit hilft. Es wird aber natürlich auch vor Ort eingesetzt. Mit dieser Folge endet unser Blick hinter die Türen des Instituts.
Was geschieht hinter dieser Tür? Ausgehend von dieser Frage hat die NRZ in den letzten Wochen hinter die Kulissen des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion geschaut. In unserer Serie, die mit dieser Folge endet, haben wir die Menschen vorgestellt, die dort arbeiten und gezeigt, auf welche Fragen sie Antworten finden wollen. Im Mittelpunkt steht dabei: Wie kann mit Hilfe chemischer Prozesse Energie kostengünstig erzeugt und gespeichert werden? Wann die MPI-Forscher die endgültige Antwort haben werden, kann man noch nicht voraussehen. Nur eines ist klar: Am MPI in Mülheim wird an der Zukunft geforscht.
Sie sind die Leute vom Orca-Team, so werden Dr. Frank Wennmohs, Kantharuban Sivalingarn und Ute Becker im Institut genannt. Sie sind die Rechner, besser gesagt. sie sorgen dafür, dass gerechnet werden kann. Berechnend sind sie aber nicht: Orca heißt das Computer-Programm, das sie betreuen. Und es steht für eine Vision, die im Internet-Zeitalter zwar auf große Sympathie stößt, sich aber nicht auszahlt - zumindest nicht auf den ersten Blick. Auf das Programm kann nämlich via Internet jeder weltweit zugreifen - und dafür muss der Nutzer nichts bezahlen.
So scheint am MPI für Chemische Energiekonversion bereits etwas Realität geworden zu sein, was bisher in der Tat noch eher ein seltenes Phänomen ist: Wissenschaftler entwickeln etwas und stellen es der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung. Ein Ansatz, der in Zukunft Schule machen wird? Dass das MPI hier eine Vorreiterrolle in Sachen Wissensvermittlung spielen kann, hängt auch mit der speziellen Aufgabe zusammen, die die Max-Planck-Gesellschaft mit ihren Instituten wahrnimmt. Sie ist mit ihrer Forschung tatsächlich dem Allgemeinwohl verpflichtet. Sie finanziert sich durch öffentliche Mittel, es müssen keine Gewinne erzielt werden. Der Gewinn der Gesellschaft besteht darin, die Wissenschaft weiter voranzubringen.
Service für Nutzer
Und an diesem Erkenntnisfortschritt hat das Orca-Programm durchaus seinen Anteil. Aber eben nicht nur im Hinblick auf die Projekte am eigenen Institut, sondern wirklich weltweit. Wie viele Menschen sich das Programm schon heruntergeladen haben, kann Frank Wennmohs gar nicht genau sagen. Dass Orca aber international genutzt wird, dafür kann er viele Beispiele nennen, denn Wennmohs und sein Team stehen ständig mit den Nutzern in Kontakt. „Wir setzen auf Service.“ Benutzerfreundlichkeit sei ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Wie merken die Programmierer aber, ob ihr Produkt tatsächlich über diese Qualität verfügt? Die Nutzer schreiben es ihnen – via Internet. „Auf der Homepage ist ein Meinungsforum eingerichtet worden. Da kann jeder seine Fragen stellen oder auch Anregungen für Verbesserungen geben“, berichtet Wennmohs. Auch das vielleicht ein Vorgeschmack auf die Zukunft. So ein Programm ist nicht irgendwann fertig, sondern es unterliegt einem ständigen Entwicklungsprozess. Und diese Verbesserungen erwachsen dabei direkt aus den Erfahrungen, die die Programm-Nutzer machen. Und die sitzen tatsächlich in aller Welt. „Die weiteste Meldung kam aus Afrika. Wir wissen auch, dass das Programm an manchen Schulen verwendet wird. Das verleiht dem Chemie-Unterricht dann gleich eine höhere Qualität“, weiß Wennmohs.
Was aber genau kann Orca eigentlich? Das Programm, das von Professor Frank Neese, einem der Direktoren des Instituts, entwickelt worden ist, bietet Arbeitserleichterung für Chemiker, Biochemiker, aber auch Physiker. Dank der Rechenleistung des Programms müssen sie bestimmte Experimente nicht mehr selbst durchführen. Es geht hier vor allem um komplizierte quantenmechanische Gleichungen. In dem Programm sind Näherungslösungen für diese Gleichungen erfasst, auf dieser Basis errechnet das Programm dann die Ergebnisse.
Programm erspart Zeit
Im Institut nutzt man diese Berechnungen, um die Eigenschaften von Molekülen besser bestimmen zu können. Spektroskopie - heißt dieses Arbeitsfeld, wo die Wissenschaftler sozusagen die Werkbank der Natur in den Blick nehmen. Die Moleküle haben eine wichtige Bedeutung bei der Metall-Katalyse, mit deren Hilfe Energie erzeugt werden soll. Dadurch dass deren Eigenschaften nun berechnet werden können, kann man auf Experimente verzichten. „So sparen wir Zeit“, betont Frank Wennmohs.
Und das bedeutet natürlich auch: Die Erkenntnisfortschritte nehmen schneller zu. Wie lange es aber noch dauert bis die Forscher endgültig ihr Ziel erreicht haben und wissen, wie man mit Hilfe chemischer Prozesse Energie kostengünstig speichert - das lässt sich noch nicht berechnen.