Die Angst ist da, und der DGB-Vorsitzende von Mülheim Volker Becker-Nühlen spricht sie auch offen aus: Es dürfe nicht die Wahl werden, die mit der geringsten Wahlbeteiligung aller Zeiten in die Geschichte eingeht. Also: Geht wählen! appelliert er. Die Sorge wurde am Dienstagabend im Kongresssaal von Siemens wieder lebendig: Gerade mal 30 Gewerkschafter hatten sich dort zur Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten versammelt. Reihenweise Leere. Eine bittere Enttäuschung für Becker-Nühlen, der daraus auch keinen Hehl macht.

Von Termin zu Termin hecheln die Kandidaten in diesen Wochen, auf Masse stoßen sie selten. Selbst im Volk populäre Themen wie „Lebensmittel/gesunde Ernährung“, zu denen die Grünen ihre Bundestagskandidatin geladen hatten, lockten kaum einen. Steigende Mieten – es mögen Massen darüber klagen, zur Diskussionsrunde mit den Politikern erscheinen gut geschätzt nur an die 40 Bürger. Und auch der DGB bewegte mit dem vielleicht brisantesten Thema der Zeit nicht: Wie können Renten gesichert werden, und zwar so, dass davon die Menschen noch halbwegs leben können?

„Wir müssen heute anfangen, nicht erst in ein paar Jahren, dafür richtige Weichen zu stellen“, betont Arno Klare von der SPD und plädiert für eine Erwerbstätigen-Versicherung, bei der man auf die Bruttowertschöpfung der Unternehmen zurückgreift.

Schon heute, warnt der DGB-Kreisvorsitzende Dieter Hillebrandt, liege die durchschnittliche Rente unter 1000 Euro, zum Teil deutlich. „Kann man davon noch in Würde leben?“ Ein Rentner im Saal steht auf und schildert seine Situation: 45 Jahre habe er gearbeitet, hart im Stahlwerk, und er habe eingezahlt. „Jetzt bekomme er monatlich 1245 Euro ausgezahlt.“ Nicht viel mehr als jene 1050 Euro, die Sylvia von Häfen von den Linken für alle fordert, „Cash auf die Hand.“ Wer soll es bezahlen? Für mehr Eigenvorsorge wirbt Susanne Rittershaus (FDP). „Wovon?“, ruft einer aus dem Zuschauerraum und erinnert an die niedrigen Löhne. Die Zahl der Niedriglohn-Empfänger wächst, das Rentenniveau sinkt. Am Ende, sagt Hillebrandt, bleibe für viele kaum mehr als der Hartz IV-Regelsatz. Er sieht darin erheblichen sozialen Sprengstoff und fragt auch an die eigene Adresse: „Müssen wir das Thema nicht viel offensiver vertreten, jetzt stärker für die Bildung von Rücklagen der Rentenkassen eintreten?“

Die eigentliche Gefahr fürs Alter sieht Dr. Fischer von der AfD in der Entwertung des Geldes. „Wer heute 10 000 Euro fürs Alter zurücklegt, hat in 15 Jahren nur noch 8000.“ Die Gefahr des sozialen Abstiegs sehen alle. Der DGB will dranbleiben, erst recht nach der Wahl – und hofft auf mehr Zuspruch.