Das Notdienstnetz der Apotheken wird neu gestrickt und ab 2014 städteübergreifend aufgestellt . Ob dann täglich weiterhin zwei Apotheken Bereitschaft haben, ist noch offen.

Wird der nächtliche Weg zur notdienstbereiten Apotheke demnächst weiter und führt er öfter in die Nachbarstädte? Bisher sind mindestens zwei Apotheken in der Stadt notdienstbereit, eine davon bis 22 Uhr, die andere rund um die Uhr. Wird das auch ab 2014 so sein, wenn die Optimierung des Notdienstnetzes im Kammerbezirk Nordrhein greifen und Notdienste eingespart werden sollen.

„Wenn die Leute früher betrunken aus der Kneipe kamen, holten sie sich schon mal gerne in der Notdienstapotheke eine Kopfschmerztablette“, erinnert sich Theo Schmitz von der Atrium Apotheke. „Heute sind sie vernünftiger“, fügt er hinzu. „Nach 24 Uhr kommt heute nur noch selten ein Kunde. Die meisten Patienten gehen dann direkt ins Krankenhaus“, berichtet sein Bruder Harald. Bis 23 Uhr kommen aber doch schon mal 10 bis 15 Kunden, um sich Medikamente zu holen, die sie während der regulären Öffnungszeiten vergessen haben. Sonntags sind es, laut Harald Schmitz von der Atrium Apotheke und Hannu Kratz von der Kronen-Apotheke aber auch schon mal 70 bis 150 Kunden, die sich mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten eindecken.

„50:50“ schätzt Meike Selke von der Bären-Apotheke die Relation der Kunden, die nachts wegen eines dringenden Medikamentenbedarfs oder wegen einer Lappalie die Nachtglocke ihrer Apotheke läuten. „Ein Nasenspray oder eine Zahnpaste brauche ich nicht unbedingt nachts bei der Apotheke zu holen“, findet sie. Wie ihr Kollege Patrick Marx von der Schloss-Apotheke schätzt sie, dass die Zahl der nächtlichen Notdienstkunden zwischen zwei und zehn schwankt. „Die meisten Notdienstbesuche in der Apotheke sind nicht dringend“, meint Marx. „Die Pille danach ist ein Klassiker beim nächtlichen Notdienst und als Vater weiß ich, dass Kinder vor allem Nachts Ohrenschmerzen bekommen.“

Ab dem 1. Januar 2014 dürfte sich mancher Kunde den Weg zur nächtlichen Notdienstapotheke vielleicht auch zweimal überlegen, wenn er etwa in die Nachbarstadt führt. Künftig soll es keine Apotheken mehr geben, die Spätdienste bis 22 Uhr anbieten, sondern nur noch 24-Stunden-Notdienste. Der Geschäftsführer der Apothekerkammer, Stefan Derix, spricht von einer technischen und organisatorischen Optimierung, die an der Dichte des Versorgungsnetzes nichts ändern werde. Die kleinen lokalen Versorgungsnetze werden Teil eines großen Versorgungsnetzes. Im Innenstadtbereich soll es auf jeden Fall eine notdienstbereite Apotheke geben, von der die nächste notdienstbereite Apotheke durchschnittlich 2,8 und maximal 10 Kilometer entfern sein wird.

„Die Planung ergibt Sinn und wird für die Kunden keine großartigen Veränderungen mit sich bringen“, glaubt der Vertrauensmann der Mülheimer Apotheker, Hannu Kratz. Er räumt aber ein, dass es künftig öfter vorkommen könnte, dass Mülheimer nach Oberhausen oder in andere Nachbarstädte fahren müssen. Die Details der Apothekennotdienstplanung sollen Mitte September vorliegen und nach einer Feinabstimmung vor Ort im November festgelegt und später auf der Internetseite der Apothekerkammer www.aknr.de abrufbar sein.

Der Vorsitzende des Seniorenbeirates und ehemalige Rot-Kreuz-Geschäftsführer, Helmut Storm, macht diese Aussicht skeptisch: „Vor allem für weniger mobile Senioren und Bürger, die kein Auto haben wäre es eine Zumutung, wenn sie nachts mit dem Taxi in eine Nachbarstadt fahren müssten, weil dann ja keine Busse und Bahnen fahren.“ Angesichts des dichten und auch wirtschaftlich einträglichen Mülheimer Apothekennetzes kann sich Storm nicht vorstellen, dass die Aufrechterhaltung eines lokalen Notdienstnetzes ein unüberwindliches Problem darstellen sollte. Storm: „Bei dem Wort Optimierung habe ich Bauchschmerzen und frage mich, wem diese Optimierung am Ende wirklich nutzen wird.“

47Apotheken gibt es zurzeit in Mülheim. Alle 22 Tage muss ein Apotheker Nachtdienst machen. Mülheim ist eine von 69 Regionen der Apothekerkammer Nordrhein. Bisher wurde der Apothekennotdienst nur mit einer Zusatzgebühr von 2,50 Euro pro verkaufter Verpackung honoriert. Jetzt hat der Bundesgesetzgeber im Apothekennotdienstsicherungsgesetz ein Pauschalhonorar von etwa 200 Euro pro Notdienst festgelegt. Das Geld kommt aus einem Fonds, der über eine um 16 Cent erhöhte Verpackungsgebühr von den Krankenkassen finanziert wird.