Fachlich war Heinz Rinas, Geschäftsführer der städtischen Alteneinrichtungen, der richtige Mann zur rechten Zeit. In einer schwierigen Situation hatte er vor gut dreieinhalb Jahren die Nachfolge von Stefan Mühlenbeck angetreten, dem die Stadt fristlos gekündigt hatte, und die drei Alteneinrichtungen auf Vordermann gebracht. Dabei fiel der 55-Jährige auch durch unkonventionelle Ideen auf (Stichwort: Qualifizierung der rumänischen Altenpfleger), die er mit Tatkraft und Leidenschaft vorantrieb. Inzwischen haben die drei städtischen Häuser eine Auslastungsquote von 98 Prozent erreicht, sind also im Grunde komplett belegt. Die Erlösseite ist inzwischen top. Dafür erhielt Rinas Lob und Anerkennung bei den Mitarbeitern, innerhalb der Verwaltung und bei der Politik – und das unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Sein Ziel, die Einführung eines Pflegekonzeptes auf Quartiersebene, wird er jetzt nicht mehr realisieren können, denn nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung wurde ihm gestern fristlos gekündigt. Rinas werden persönliche Verfehlungen vorgeworfen. Er soll sich persönlich bereichert haben, nicht punktuell, sondern seit zwei Jahren kontinuierlich und systematisch, wenngleich die einzelnen Summen nicht hoch waren. Über zwei Jahre ergebe sich allerdings ein fünfstelliger Betrag, so Sozialdezernent Ulrich Ernst, der in einer Pressekonferenz den Fall gemeinsam mit Hendrik Dönnebrink, Leiter der Beteiligungsholding und damit Herr über die städtischen Töchter, sowie dem Aufsichtsratsvorsitzenden Rainer Hartmann (CDU) gestern öffentlich machte. Konkret geht es um Lebensmittel, Roastbeef etwa, das vom Küchenpersonal des städtischen Altenheimes auf seinen Wunsch für ihn bereitgestellt worden sein soll. Rinas habe auch Quittungen für Lieferungen vorgelegt, die er privat besorgt habe. Ihm wird auch vorgeworfen, städtische Mittel für ein caritatives Projekt in Mazedonien, für das er sich ehrenamtlich engagiert, genutzt zu haben. So habe er unter anderem auch Flüge dorthin, auf städtische Kosten abgerechnet. Und letztlich wird ihm eine unnötige Anschaffung von Geräten zur Last gelegt. Es handelt sich dabei etwa um Computer und Telekommunikationsgeräte.

Jahresgehalt: 112 000 Euro

Wie die Selbstbedienung aufgefallen ist – dazu sagen die drei nichts. Es muss Zufall gewesen sein. Erste konkrete Hinweise, so Dönnebrink, habe es im Juni gegeben. Seitdem habe man die Spur verfolgt und konkretisiert. Inzwischen sei Rinas auch mit den Vorwürfen konfrontiert worden und um eine Stellungnahme gebeten worden. „Die war aber nicht so überzeugend und die Vorwürfe entkräftend wie erhofft“, stellt Ernst fest. Bei dem eklatanten Fehlverhalten habe die Stadt letztlich auch nicht anders handeln können. Hartmann spricht von einer großen menschlichen Enttäuschung. „So etwas hat sich niemand vorstellen können,“ sagt Hartmann. Viele im Aufsichtsrat, in dem auch Mitarbeiter vertreten seien, hätten mit Fassungslosigkeit reagiert. Warum tut jemand mit einem Jahresgehalt von knapp 112 000 Euro so etwas? Selbstherrlichkeit? Auf ein Gratis-Roastbeef ist er nicht angewiesen. Das ist für viele Beteiligte die entscheidende Frage.

Ernst treibt jetzt die Sorge um, dass die Alteneinrichtungen durch dieses persönliche Versagen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, obwohl sie aus pflegerischer Perspektive ausgezeichnet seien. Mit drei Häusern mit 385 Plätzen, einem ambulanten Pflegedienst und 400 Mitarbeitern sind die städtischen Seniorendienste der größte Anbieter und „eine ganz wesentliche Größe der Bedarfsdeckung“, so Ernst. Da man auch keine Existenz vernichten wollte, habe man deshalb auch den Weg einer einvernehmlichen Trennung angestrebt, die möglich gewesen wäre, wenn Rinas den Schaden wieder gut gemacht hätte. Dazu bestand offensichtlich keine Bereitschaft. Die Schadenswiedergutmachung verlangt die Stadt von ihm weiterhin.

Die Nachfolge ist bei den Alteneinrichtungen inzwischen auch schon geregelt. Neuer Geschäftsführer der Senioreneinrichtungen ist Alexander Keppers. Der 33-Jährige ist ein Mann der Zahlen, nicht einer der Pflege. Der gelernte Industriekaufmann, der berufsbegleitend studierte, fing 2007 bei der Beteiligungsholding an, betreute die Alteneinrichtungen und wurde dort 2012 zunächst Prokurist und im Mai dann kaufmännischer Leiter. Formal bleibt er bei der Beteiligungsholding. Ihm zur Seite stehen Yvonne Fragemann, die bisher das Haus Auf dem Bruch leitete, als Handlungsbevollmächtigte für den Pflegebereich und Jörg Schepermann für den Personalbereich.