Es ist schon eine kleine Sensation, auch wenn der Preis nicht so populär ist, wie, sagen wir mal der Oskar oder die goldene Kamera. Und sprachlich lässt er auch eher an den zweiten Platz denken: Der höchste deutsche Denkmalschutzpreis, der in diesem Jahr mehrfach vergeben wird, geht nach Mülheim. Die „Silberne Halbkugel“ erhält der Trägerverein im Haus der Vereine in der Alten Dreherei. Das gab das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz in Bonn jetzt bekannt. Insgesamt wurden bundesweit fünf Fördervereine ausgezeichnet, die sich für den Erhalt historischer Stätten engagieren.
Den Trägerverein Alte Dreherei lobt die Jury „für sein herausragendes, bürgerschaftliches Engagement im Denkmalschutz, durch den ein seit fünf Jahrzehnten ungenutztes und dem Verfall preisgegebenes einzigartiges Zeugnis der deutschen Technik- und Industriegeschichte gerettet werden konnte“. Die frohe Botschaft wollte der Vorsitzende Martin Menke gestern Abend bei der Mitglieder-Versammlung verkünden. Die Preisverleihung ist am 28. Oktober in Berlin.
Einzigartige Dachkonstruktion
Die einen kommen für ein paar Monate, um Hand anzulegen, andere einmal die Woche: den harten Kern beziffert Menke auf rund 50 Helfer, die sich um das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk Speldorf kümmern. Seit dem Start der Restaurierungsarbeiten 2008 wurden viele tausend Stunden freiwilliger Arbeit investiert. Das 1874 errichtete Industriegebäude mit 2000 m² Grundfläche hat eine bundesweit einzigartige Holzdachkonstruktion und steht als Baudenkmal der Industriekultur unter Denkmalschutz. 2008 gründete sich der Trägerverein mit dem Ziel, das Gebäude zu sanieren und als „Haus der Vereine“ mit Leben zu füllen.
Viel ist in den fünf Jahren passiert. „Das Holztragewerk wurde komplett saniert“, so Menke. „Als nächstes stehen die kaputten Glasscheiben im Dachbereich an.“ Parallel dazu werde an Rundbogenfenstern, am Mauerwerk und an der technischen Ausstattung gearbeitet.
Trotz aller Freude über den Preis gibt es für Menke Wermutstropfen. „Die Finanzierung war von Anfang an eine Gratwanderung.“ Man könne nur das ausgeben, was „wir an Spenden und Fördermitteln bekommen.“ Dementsprechend seien die Bauphasen schlecht planbar. Was gravierender durchschlägt: „Wir könnten für 2013 noch Mittel vom Denkmalschutz abrufen.“ Da es sich aber um eine 50:50 Förderung handele, „fehlen 35 000 € Eigenmittel“. Wenn es der Verein nicht schaffe, diese Gelder aufzubringen, „dann verfallen die Denkmal-Mittel am Jahresende“. Besonders bitter, da die Landesregierung beschlossen habe, „die Mittel für den Denkmalschutz gegen Null zu fahren“.
Eine weitere Sorge treibt Menke um: „Dass die Alte Dreherei überregional mehr Beachtung findet, als in Mülheim selbst.“ Besuchergruppen aus ganz Deutschland kämen und Fachzeitschriften berichteten über das Projekt. „Es ist solch ein tolles Gebäude, da müssen wir mehr am Image arbeiten, damit es auch in Mülheim bekannter wird.“ Für die weitere Finanzierung dürfte aber auch eine überregionale Publizität hilfreich sein.