Mülheim. Sigrun Rumpel ist Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut und Mutter. Karriere und Privatleben unter einen Hut zu bekommen, fällt ihr dank der Unterstützung ihres Arbeitgebers nicht schwer.
Energie - wer das Wort hört, dem fällt sofort noch ein zweites ein: Wende. Aber was soll sich in der Art und Weise, wie wir mit Energie wirtschaften, eigentlich ändern? Vieles, und Mülheim könnte zu einem Wendepunkt werden. Dafür sorgt das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion. Die NRZ öffnet ihnen die Türen zum Institut und stellen die Menschen vor, die dort arbeiten.
Im Büro sind sie mit dabei - wenn auch nur als Bild: Babyfotos von Emil und Maya hängen über dem Schreibtisch von Sigrun Rumpel. Die Vereinbarung von Kindern und Beruf – eine Frage über die schon lange intensiv diskutiert wird. Der Fall der 34-jährigen Wissenschaftlerin zeigt, wie eine positive Antwort aussehen könnte: Sigrun Rumpel ist nämlich mit ihrer Situation zufrieden. Dass Karriere und Kinder in ihrem Leben in keinem Widerspruch zueinander stehen sollen, hatte sie für sich persönlich schon früh entschieden. „Meine Mutter war für mich ein Vorbild, sie ist Diplom-Mathematikerin.“ Auch ein Auslandsaufenthalt in Kanada hat sie bestätigt: „Meine Chefin dort war Professorin und hatte drei Kinder. Das hat auch gut funktioniert.“
Ihr Eindruck war: „Dort war es selbstverständlicher, dass man relativ früh die Kinder auch zumindest zeitweise betreuen lässt.“ Und im Vergleich zur deutschen Diskussion über dieses Thema hat sie festgestellt: „In Deutschland wird der finanzielle Aspekt überbetont.“
Geld sei es nicht allein, vielmehr komme es auf das Klima an der Arbeitsstätte an.
Es fehlt oft an Flexibilität
Flexibilität ist hier das Schlagwort. An der fehlt es meistens. Doch eigentlich geht es noch um mehr: Um Sensibilität für die Bedürfnisse einer jungen Familie. Genau die hat Sigrun Rumpel in Mülheim angetroffen, als sie zum damaligen MPI für Bioanorganische Chemie gewechselt ist. Ihr Chef, Wolfgang Lubitz, einer der Direktoren des Instituts, kümmerte sich darum, dass bereits ein Betreuungsplatz in einer nahe gelegenen Kita reserviert wurde. Die Kosten wurden übernommen. Auch beim zweiten Kind gab es Unterstützung. Aber das ist nicht alles. Es geht um das Umfeld.
„Der Vorteil des Instituts besteht darin, dass es gut liegt. Hier im Kahlenbergviertel wohnen wir auch. Dort leben auch viele andere Familien mit Kindern. Wir haben gute Kontakte zu unseren Nachbarn. Man trifft sich auf dem Spielplatz und lernt sich kennen. Bald kommen meine Kinder in das Alter, dass sie sich auch mit Freunden verabreden können. Wir sind hier wirklich zu Hause.“ Und das zeigt eben: Familienfreundlichkeit ist ein echter Standortvorteil.
Denn Wissenschaftlern, gerade den Erstklassigen, ist natürlich wichtig, dass an ihrem Institut die optimalen Rahmenbedingungen für ihre Forschung bestehen – man lebt aber nicht nur im Labor, es gibt auch ein Leben nach der Arbeit. Die kleinen Wege, sie sind es, die im Alltag helfen. „Wenn ein Kind von mir krank ist, dann kann ich auch mal einen Tag zu Hause bleiben und dort arbeiten.“ Das sind eben auch Bedingungen, die exzellente Forschung gewährleisten. Bei der Max-Planck-Gesellschaft folgt man schon längst dieser Einsicht. Man weiß dort, Wissenschaftler sind auch soziale Wesen, die soziale Stabilität benötigen, um sich wirklich motiviert und konzentriert ihren Forschungsprojekten widmen zu können.
Ein attraktives Modell
Dazu gehört das Modell „doppelte Karriere“. Wenn jemand an das Institut kommt, dann ist zumindest eines die Regel: er stammt sicherlich nicht aus der Region. Und mit einem Umzug gibt man auch soziale Beziehungen auf – der Einzelne mag dazu bereit sein, aber ist es auch der Lebenspartner? Und hier setzt das Konzept an: Die Gesellschaft bemüht sich darum, dass für die Partner eine adäquate Arbeitsstelle gefunden wird. Sei es in der Industrie oder manchmal auch in einer anderen Forschungseinrichtung – die Gesellschaft ist gut vernetzt und nutzt entsprechend ihre Kontakte.
Und manchmal funktioniert das sogar intern, wie bei Sigrun Rumpel: „Mein Mann arbeitet beim MPI für Kohlenforschung, direkt in der Nachbarschaft. Wir forschen auch in ähnlichen Gebieten. Da kann man sehr gut verstehen, wie der Andere auch gerade gedanklich mit seiner Arbeit beschäftigt ist. Und wir können uns sogar darüber austauschen.“ Karriere macht man vielleicht allein, aber Erfolg hat man gemeinsam – ein attraktives Mülheimer Modell.