Das Sky-Emblem ist für viele Gaststätten so wichtig wie der Werbetafel der Brauerei. Jetzt sind viele Wirte über Preiserhöhungen von Sky so verärgert, dass sie das Sport-Abo gekündigt haben und keinen Bundesliga-Fußball mehr zeigen. Die Stimmung an der Theke nähert sich dem Nullpunkt.
Man kann Jörg Thon eine größere Freude machen, als ihn ins Fußballstadion einzuladen. „Das ist nicht ganz meine Sache“, räumt der Inhaber des Ratskellers und anderer Gaststätten ein. Freude machen Thon überzeugende Geschäftsmodelle, für sich und andere, immerhin ist er Vorsitzender der Mülheimer Kreisgruppe im Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Als solcher sieht er mit Sorge, dass der Zulauf in klassische Kneipen bereits ab Freitag erneut arg gedrosselt werden könnte. Freitag ist Bundesliga-Start - und in etlichen Gaststätten dürfte der Bildschirm im Gastraum entweder schwarz bleiben oder nicht mehr zeigen, was Gäste bislang gewohnt waren: Bundesliga-Fußball.
Voll wie 1954
Der Grund ist eine Preiserhöhung, die der Rechte-Inhaber Sky für Gaststätten durchgesetzt hat (s. Kasten). Eine Erhöhung, die „nicht nachvollziehbar ist“, wie Thon vorsichtig formuliert. Für sein Lokal Bürgergarten, in dem er einen Raum fürs gesellige Gucken abzweigen könnte, hat er die Bedingungen konkret durchgerechnet. Das nüchterne Ergebnis, basierend auf dem durchschnittlichen Getränkeverzehr: „Ich müsste 80 Gäste auf 30 Quadratmetern bewirten, um damit ins Plus zu kommen.“ Anders gesagt: Im Bürgergarten sähe es dann aus wie 1954, als es weniger Fernseher in deutschen Privathaushalten gab als heute in den Gaststätten Nordrhein-Westfalens und das Publikum in rauchgeschwängerten Kneipen Gänsehaut an Gänsehaut das Wunder von Bern bestaunte.
In der gesamten Branche macht sich daher Unmut breit. Viele Gastwirte fühlen sich von Sky missbraucht. Erst brauchte der Pay-TV-Kanal die Lokale, um Fußballfreunde ans Hinschauen zu gewöhnen. Jetzt, da die Sky-Bilanz stetig freundlicher wird und die Bundesliga-Rechte bis 2017 gesichert sind, würde der Konzern gern allen Kneipen-Guckern ein privates Abo verkaufen - was aber eben nur funktioniert, wenn das öffentliche Angebot verknappt wird, die Gaststätten also abschalten. Nicht wenige tun das.
Ingo Kirchhoff etwa führt das „Haus Wehner“ am Rande des Dichterviertels und hat die Konsequenzen aus den Preissteigerungen beim Sky-Abo gezogen: Er hat seinen Vertrag gekündigt und wird seinen Gästen die Fußballbundesliga-Konferenz zukünftig nicht mehr anbieten können. „Ich musste bisher 300 Euro bezahlen – jetzt wollen die 500 Euro im Monat. Ich hab mal ausgerechnet, dass ich an jedem Tag eines Monats 76 Euro mehr Umsatz machen müsste, um diese Preissteigerung auszugleichen.“ Dabei seien drei Monate ohnehin Sommer- und zudem ein weiterer Monat Winterpause. „Warum machen die das?“ fragt er sich und reiht ein Problem an das nächste. „Wir haben mit dem Nichtraucherschutzgesetz schon genug Ärger.“ Auf seinen Verband zählt er da nicht: „Die Dehoga will jetzt was machen – aber das wollten die vor zwei Jahren auch schon.“
Aber was soll man auch machen, wenn Sky den Ärger gleichsam einkalkuliert hat? Bei der Vorstandssitzung der örtlichen Dehoga am Dienstag nahm das Thema breiten Raum ein. Auswege fand der Vorstand nicht. „Wir wissen, dass viele kündigen werden oder gekündigt haben“, sagte Thon, „aber wir haben nicht einmal einen genauen Überblick über die Lage.“
Über die Stimmung schon. Gastronom Kirchhoff ist bei dem Thema, einmal in Fahrt, zu Blutgrätschen bereit. Eine 66-prozentige Preissteigerung: „Das kann man nicht finanzieren“, wütet Kirchhoff. „Das ist der Hammer. Die spinnen komplett. Ich mach das nicht mehr mit.“ Kirchhoff ist sich sicher, dass viele Wirte ihr Abo nun ebenfalls kündigen. Eine andere Sprache würden Sky auch gar nicht verstehen, „das ist ein arroganter Verein“, so Ingo Kirchhoff.
„Die Anderen gehen kaputt“
Tomislav Pulic führt die Eckkneipe „Zum schrägen Eck“. Nachdem mit „Haus Wehner“ und dem nur wenige Meter entfernten „Spiekers Eck“ zwei Betriebe in unmittelbarer Nachbarschaft die Sky-Segel gestrichen haben, ist er der letzte Gastronom im Dichterviertel, der in das Abo investiert. Im März musste er 269 Euro netto dafür bezahlen. Nur ein halbes Jahr später erhöht Sky diesen Preis um 115 Euro auf 384 Euro. „Das ist nicht zu rechtfertigen“, erklärt Pulic. Er ahnt, was das bedeutet: „Die, die sich das teure Abo leisten können, werden mehr Zulauf bekommen und die Anderen gehen kaputt.“ Pulic hofft, bei den Ersteren zu sein. Er zahlt, wütend, aber er zahlt. Im Telefongespräch mit ihm habe sich ein Sky-Mitarbeiter angesichts seiner kritischen Fragen arg gewunden. „Der hat dann gesagt: Machen Sie sich doch mal Gedanken, wie sie ihr Geschäft erweitern können.“
Auch Pulic baut nicht mehr auf seinen Verband. „Ich bin schon lange kein Mitglied der Dehoga mehr. Das bringt überhaupt nichts – und der Staat drückt mir noch das Nichtrauchergesetz aufs Auge!“ Schlimm sei das, sagt Pulic.