Wie das Zirpen einer Grille. Am Anfang jedenfalls. Aber das Geräusch schwillt an, wird immer lauter, wird zu einer Kreissäge. Fast automatisch ziehe ich den Kopf ein. Trotz der Schweißbäche, die mir im Dschungel im Norden Borneos den Rücken herunter laufen, stellen sich meine Nackenhaare auf. Welches Tier macht solche Geräusche? Und plötzlich bricht das Sirren einfach ab. . .

Ich bin in Sepilok, im Orang-Utan Reservat. Seit 1964 finden hier verwaiste Orang-Utans ein Zuhause. Die bedrohten Affen leben frei im Dschungel. Mit Menschen haben sie nur zweimal am Tag Kontakt, zu Fütterungszeiten. Ich muss Glück haben, um sie zu Gesicht zu bekommen. Die Orang-Utans bekommen eine eintönige Diät. Sie sollen sich selbst versorgen. Wer nicht jeden Tag Appetit auf Bananen hat, kommt gar nicht erst zur Futterplattform, sondern bleibt verborgen in den Baumkronen.

Und wieder startet das Zirpen, schwillt an. Jetzt schüttele ich nur noch den Kopf über das penetrante Geräusch. Vor mir segelt etwas Großes von einem der Bäume und landet krachend vor meinen Füßen. Ich sehe noch, wie eine Eidechse sich in Sicherheit bringt. Auf dem Weg vor mir liegt ein welkes Blatt. Mein Fuß würde locker vier, fünf-, vielleicht sogar sechsmal aufs Blatt passen. Ich stelle einen Fuß daneben und mache ein Foto.

Wir sollen leise sein. Orang-Utans sind scheue Tiere. Die Gespräche verstummen. Zu hören sind nur noch die Kreissägen-Geräusche, vermischt mit dem Gesang tropischer Vögel, den Klettverschlüssen von Kamerataschen und dem ein oder anderen „Pfffft“, wenn sich wieder einer der Besucher mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn wischt. Ich habe das aufgegeben. Bei mehr als 80 % Luftfeuchtigkeit und über 30 Grad hat das einfach keinen Zweck.

Auf einmal raschelt es in den Bäumen. Zu sehen sind aber nur sich biegende Äste und winkende Blätter. Plötzlich schwingt sich mit einem großen Satz etwas Rot-Braunes an eins der Taue, die bis zur Futterplattform gespannt sind. Mein erster richtiger Orang-Utan – im Dschungel, nicht im Zoo. Ich halte die Luft an, weil ich so viel Glück habe. Das Klicken der Kameras neben mir registriere ich gar nicht. Und auch nicht den Makaken, der mir auf dem Geländer ziemlich nah kommt. Ein Guide zieht mich weg. Der Makak sieht niedlich aus, seine 20 Affen-Freunde im Gebüsch auch. Aber ich soll ihnen lieber nicht in die Quere kommen, meint der Guide. Sie können höllisch zubeißen. Ich mache schnell ein Foto von der Affenbande, als ein Raunen durch die Besuchergruppe geht. Mein Orang-Utan ist ein Weibchen. Und es ist nicht allein: Ein Baby hängt in ihren Armen, während es eine Banane nach der anderen verschlingt.

Auf einmal brechen noch zwei Orang-Utans aus dem Dickicht. Jetzt stimmt meine Kamera in das Klicken der Auslöser mit ein. Aber das Geräusch geht unter. Denn wieder startet das Zirpen, schwillt an, wird zu einem Sirren. . .