Es war der 12. September 1990. Es sollte ein besonderer Tag werden, denn mein Freund und ich charterten eine Cessna 152 in Mucha Miel bei Alicante. Das Rufzeichen war EC-CTB (Echo-Charlie-Charlie-Tango-Bravo). Das Ziel: Casablanca, mit einem Zwischenstopp in Malaga. Gut vorbereitet, holten wir in Alicante die letzten Fluginformationen über die Flugroute, das Wetter und tankten voll. Wir starteten um 9.07 Uhr.

Die erste Etappe führte uns über Almeria, der Südküste von Spanien, vorbei an den schneebedeckten Bergspitzen der Sierra Nevada, nach Malaga. Das gute Wetter war uns vorhergesagt: keine Wolken und „Sichten bis zum Anschlag“, wie Piloten es beschreiben. Nach der Landung, nach 2.51 Stunden Flugzeit, tankten wir das Flugzeug auf und holten uns die letzten Informationen für den Weiterflug nach Marokko. Um 13.08 Uhr starteten wir dann in Richtung Casablanca. Die vorbereitete Flugroute sollte uns am Affenfelsen von Gibraltar vorbei führen, übers Mittelmeer nach Tanger, dann an der Küste entlang, an der Großstadt Rabat vorbei zum Zielort. Auf Tanger zufliegend, wo wir uns pflichtgemäß meldeten, hieß es „make a landing for discussion“. Ungewöhnlich, doch wir taten es. So erfuhren wir in Tanger, dass unsere gewählte Route zu nahe an militärischem Sperrgebiet vorbei führte. Okay, wir mussten akzeptieren!

Auf der weiteren Flugroute gab es keine Orientierungspunkte. Keine großen Städte, Flüsse, Wälder, Eisenbahnlinien oder Autobahnen. Ich erinnerte mich an meine Pilotenausbildung in Mülheim 1979. Da bleibt nur noch die Methode des „Time Distance Check“. Mein Co-Pilot errechnete den neuen Kurs, die Entfernung und die Flugzeit. Wir starteten und flogen weit entfernt, aber sichtbar an Rabat vorbei, der Stadt direkt am Atlantik, und erwarteten Casablanca zu erblicken. Es waren nur noch 39 NM. Wir wurden unsicher und rechneten die Flugplandaten nach. Es war keine Stadt zu sehen. Die Nervosität war nicht zu unterdrücken. War ich durch Seiten-Windversatz vom Kurs abgekommen? In unserer Berechnung sahen wir keinen Fehler. Dort, wo die Stadt liegen musste, war nur eine verschwommene, helle Fläche erkennbar, die im Horizont verschwand. Waren es Dunst oder Wolken? Ich hielt den errechneten Kurs von 275 Grad und ging in den Sinkflug über. Erst als wir immer näher und tiefer kamen, erkannten wir, dass es eine geschlossene Wolkendecke war, die unter uns in 500 Fuß Höhe lag und die Stadt großräumig abdeckte. Ich atmete auf. Als ich dann die Spitze eines Minaretts aus den Wolken abhebend erkannte, löste sich die Anspannung. Wir stießen durch eine Wolkenlücke, und sahen eine weiße Stadt vor uns.

Das musste Casablanca sein. Mein Co-Pilot rief den Tower und wir landeten auf dem Aeroport Casa Anfa, südlich der Stadt. Überglücklich, denn ich hatte erstmalig mit einer Cessna 152 den europäischen Kontinent verlassen.