In der Ahnengalerie der Industrie- und Handelskammer, die die Präsidenten der letzten 173 Jahre umfasst, fallen zwei Veränderungen auf: Irgendwann gingen die Fotos von Schwarz-Weiß auf Farbe über – und seit einigen Monaten taucht dort zum ersten Mal das Gesicht einer Frau auf: Jutta Kruft-Lohrengel, eine Unternehmerin, die das Präsidentenamt als Ehrenamt übernommen hat.

Unternehmerin – war das ihr Wunschberuf?

Kruft-Lohrengel: Nun, mein Vater hatte eine Tankstelle, später wurde daraus eine BMW-Niederlassung, die Firma Kruft. Damit bin ich aufgewachsen. Nach dem Abitur wollte ich jedoch erst einmal Lehrerin werden, habe in Bonn Romanistik und Geschichte studiert.

Warum sind Sie nicht dabei geblieben, dann hätten Sie jetzt sechs Wochen Ferien.

Ich habe schnell festgestellt, dass dies nichts für mich ist. Also bin ich wieder bei meinem Vater im Betrieb gelandet, habe dort gelernt, bin sozusagen durch den Scheuersack gegangen – und habe am Unternehmertum Gefallen gefunden. In Göttingen habe ich dann BWL studiert und meinen Mann kennengelernt. Beides ein Gewinn. Nach dem Examen sind wir sofort wieder zurück ins Ruhrgebiet, wo wir später das Unternehmen des Vaters übernahmen und ausbauten.

Mögen Sie Autos?

Ich finde Motortechnik faszinierend.

Was macht für Sie einen guten Unternehmer aus?

Er muss Menschen mögen, er darf keine Angst vor Veränderungen haben, er muss entscheidungsfreudig sein. Besser eine falsche Entscheidung als keine.

Sie waren beruflich sehr eingespannt, haben zwei Kinder groß gezogen und machen sich heute dafür stark, dass Unternehmen noch familienfreundlicher werden müssten. Liegt da vieles noch im Argen?

Man kann manches noch besser machen, um es Frauen, die wir in den Unternehmen dringend brauchen, noch leichter zu machen, Familie und Beruf zu verbinden. Flexible Arbeitszeitlösungen, Kinderbetreuung, die Unternehmen gemeinsam anbieten, angepasst an Arbeitszeiten – darüber werden wir weiter reden müssen.

Kruft steht auch für Kultur. Sie und Ihr Mann sind Förderer. Was treibt Sie an?

Kultur ist gut für eine Stadt, sie ist aus Wirtschaftssicht nach wie vor ein wichtiger Standortfaktor. Noch wichtiger ist: Kultur entspannt, inspiriert, sie ist eine Bereicherung – für jeden. Und wir leben in einer tollen Kulturlandschaft.

Aber auch in einer Industrielandschaft, die nicht nur Freunde hat.

Und das ist eines meiner Ziele. Wir brauchen gegenüber der Industrie eine freundlichere Haltung. Wir müssen weg von der Vorstellung, dass Industrie nur Schmutz und Lärm ist. Das ist vielfach eine saubere Sache.