Das Internet kann ein wichtiges Wahlkampfinstrument sein. Entscheidend ist, dass der Kandidat authentisch wirkt. Ein Gespräch mit Politikberater Coordt von Mannstein
Aus dem Wahlkampf ist das Internet nicht mehr weg zu denken. Wer die Namen der Bundestagskandidaten bei Google eingibt, muss allerdings erstaunt feststellen, dass alleine der Sozialdemokrat Arno Klare auf Anhieb unter seinem Klarnamen zu finden ist. Das sagt viel über die Ernsthaftigkeit der Kandidatur seiner Kontrahenten. Christdemokratin Astrid Timmermann-Fechter kündigt auf Nachfrage schon seit Anfang Juni eine eigene Seite an. Wie schätzt ein Fachmann die Bedeutung des lokalen Internetwahlkampfes ein? Die NRZ fragte Coordt von Mannstein. Mit den Mitarbeiter seiner in Solingen ansässigen Werbeagentur berät er auch Parteien und Kandidaten in ihrem Wahlkampf. Helmut Kohl war nur einer seiner prominenten Kunden. Auch den letzten erfolgreichen Bundestagswahlkampf für die FDP hat von Mannstein betreut.
Wie wichtig ist das Internet heute, um Wahlen zu gewinnen?
Einerseits ist das Internet wichtig, weil man mit ihm multimedial und vor allem interaktiv Zielgruppen erreichen kann. Andererseits wird seine Wirkung überschätzt. Denn in einem guten Wahlkampf kommt es auf die Kombination aus Online, Print und persönlicher Präsens an. Nicht von ungefähr geben die internetaffinen Piraten zwei Drittel ihres Wahlkampfbudgets für Plakate aus. Die Internetpräsenz kann immer nur ein Baustein sein.
Muss man als Kandidat heute eine eigene Internetseite haben?
Ja, aber wenn man gar keine Affinität zum Internet hat, sollte man als Kandidat lieber ganz die Finger davon lassen und sich besser die Hacken ablaufen und von Haustür zu Haustür gehen, um Wähler zu gewinnen. Denn von einer unprofessionell gemachten Internetseite wenden sich Interessierte enttäuscht ab.
Wann macht eine eigene Internetseite auch für lokale Bundestagskandidaten Sinn?
Wenn sie regelmäßig mit interessanten Informationen und klaren Botschaften des Kandidaten gefüllt wird und gleichzeitig potenzielle Wähler, aber auch die eigene Parteibasis in einen kontinuierlichen Dialog einbindet, der auch nach der Wahl fortgeführt werden sollte.
Macht auch ein Internetblog für Kandidaten Sinn?
Nur dann, wenn diese auch vom Kandidaten selbst geschrieben werden. Dabei gilt: kurz, kontinuierlich und authentisch.
Wie erklären Sie sich, dass selbst vorhandene Internetseiten von Kandidaten nicht auf den ersten Blick in einer Suchmaschine, wie Google zu finden sind?
Das zeigt, dass sich da Leute mit den technischen Möglichkeiten des Internets (Stichwort: Suchmaschinen-Optimierung, SEO) nicht auskennen und unbedingt eine Internetschulung machen sollten, die oft von Parteien angeboten werden. Zudem ist das Interesse für schlecht gemachte Internetseiten sehr gering, was letztlich auch zu einem niedrigen Google-Ranking führt.
Wie viel sollten Kandidaten auf ihrer Internetseite über ihre Person preisgeben?
Sie sollten damit offen umgehen. Denn die Wähler wollen den Menschen hinter dem Kandidaten kennenlernen. Dazu gehören auch Informationen darüber, in welchen Familienverhältnissen er lebt, welche Hobbys er hat oder wo und ob er sich sozial engagiert.
Sagt ein Bild mehr als 1000 Worte?
Entscheidend ist, dass die Fotos einen Kandidaten auch in Aktion zeigen, etwa bei einer Tour durch den Stadtteil oder in einem Gespräch mit Bürgern. Dabei kommt es darauf an, dass Kandidaten authentisch wirken und dann auch bei einer Begegnung wiedererkannt werden. Videos machen nur dann Sinn, wenn sie professionell gemacht sind, inhaltlich überzeugen und zeigen, wie der Kandidat auftritt.
Könnte sich auch ein lokaler Bundestagskandidat Ihre professionelle Wahlkampfberatung leisten?
Ein erstes professionelles Kandidaten-Coaching, bei dem es aber nicht nur um Internetpräsenz, sondern auch um Persönlichkeits- und Stärkenanalyse sowie um Rhetorik und Stilberatung geht, gibt es günstiger als viele denken. Zudem ist ein professionelles Coaching in vielen Fällen eine lohnende Investition.