Der Standpunkt steckt schon im Namen. „Pro Bahn“ nennt sich der Fahrgastverband Ruhr, der gestern mit gelindem Entsetzen auf die Möglichkeit reagierte, dass der Stadtrat in seiner morgigen Sitzung den Anfang vom Ende des Schienenverkehrs in Mülheim einläutet. Sprecher Lothar Ebbers zeigte sich dabei erstaunt über die mangelnde Fachkenntnis. Nicht die Straßenbahnen, nicht die Schienen und die Werkstätten seien das Problem, sondern die Tunnel für die U-Bahn: „In Fachkreisen ist das schon lange klar.“

Für Ebbers nicht die einzige Ungereimtheit in den Plänen. Weniger teure Bahnen bedeuteten deutlich mehr an billigeren Busse, unterm Strich, so Ebbers, ein Nullsummenspiel. Zudem bedeuteten Busse weniger Fahrgäste und weniger Fahrgäste mehr Autos, wie die U 18-Sanierung in Heißen gezeigt habe. Für „Pro Bahn“ geht die (Kosten)Rechnung mithin nicht auf, zumal die Verflechtung Mülheimer Linien mit Duisburg, Oberhausen oder Essen ausgeblendet werde.

Dessen ungeachtet zeichnet sich ab, dass eine politische Mehrheit am Donnerstag schon mal den Kaufwunsch der MVG über 20 neue Straßenbahnen halbiert. Auch die Grünen haben damit keine Probleme. Der Grund: Die Kredite für so viele Bahnen kann die städtische Finanzverwaltung nicht schultern. Die MVG müsste die Zinslast also selbst erwirtschaften - auch durch Kürzungen im Angebot. Ein Teufelskreis.

Grünen-Sprecher Tim Giesbert erklärte aber gestern, was vor weitreichenderen Entscheidungen jetzt dringend passieren muss: ein finanzieller und ökologischer Vergleich der Systeme Bus und Bahn, am besten in einem Expertenhearing nach der Sommerpause. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung greife beim Nahverkehr zu kurz. Und dann schreibt Giesbert zwei Sätze, die für sich sprechen, drei Jahre und zwei Gutachten nach Beginn der Diskussion um einen Nahverkehrsplan. Der erste lautet: „Ein umfassender Vergleich der Systeme fehlt bisher.“ Und der zweite: „In die Debatte muss mehr nachvollziehbares Faktenwissen.“