Die Finanzämter im Land sind unterbesetzt. Nur 86 Prozent der in der Finanzverwaltung benötigten Stellen sind in Nordrhein-Westfalen derzeit auch besetzt. Darauf hat der aus Mülheim kommende Bezirksvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Marc Kleischmann, gestern auf der Landesseite der NRZ hingewiesen.
Das liegt wohl daran, dass das Land angesichts der begrenzten Haushaltsmittel andere finanzpolitische Schwerpunkte setzt. Auf Anfrage der NRZ teilte der stellvertretende Vorsteher des Finanzamtes Mülheim, Gerald Gruse, gestern mit, dass hier zurzeit nur 88 Prozent der Stellen besetzt sind, die die Oberfinanzdirektion, angesichts von 64 000 Steuerpflichtigen als Personalbedarf errechnet hat.
Zurzeit arbeiten 230 Steuerinspektoren und zehn Anwärter (Auszubildende) beim Finanzamt. Tatsächlich bräuchte das Finanzamt aber 261 Finanzbeamte, um seinen Personalbedarf zu decken.
Aktuell kommen in Mülheim 1600 Steuererklärungen auf einen Finanzbeamten. Allerdings weist der stellvertretende Amtsvorsteher in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Finanzamt über eine sehr gute elektronische Datenverarbeitung verfüge, die in der Lage sei, das Fachpersonal der örtlichen Finanzverwaltung nachhaltig zu entlasten.
Die Personalknappheit beim Finanzamt ist übrigens kein neues Problem. Denn schon im Februar 2010 hatte der damalige Vorsteher des Mülheimer Finanzamtes, Manfred Winkler, im Interview mit der NRZ erklärt: „Auch unser Personal schrumpft. Derzeit haben wir 225 Mitarbeiter.(also fünf weniger als jetzt) 2008 waren es noch 20 mehr, so dass die Arbeit auf die verbleibenden Kollegen verteilt werden muss. Außerdem setzt man in der Finanzverwaltung auf Automation und Risikomanagementsysteme. Ein Großrechner im Rechenzentrum NRW arbeitet für uns im Hintergrund kräftig mit. Alle Steuerbescheide werden, auf unseren Anstoß hin, vollautomatisch erstellt. Außerdem gibt es eine EDV-gestützte Zufallsauswahl, die die Plausibilität von Angaben überprüft und so unehrliche Steuerzahler zutage fördern soll.“
Steuergewerkschafter Kleischmann hatte in der gestrigen NRZ auch darauf hingewiesen, dass in den kommenden fünf Jahren bis zu 1200 NRW-Finanzbeamte in Pension gehen, aber pro Jahr nur 500 in den gehobenen und 310 in den mittleren Dienst der Finanzverwaltung aufgenommen würden.
Nach Angaben seines Mülheimer Gewerkschaftskollegen Gerald Gruse liegt das Durchschnittsalter der Mitarbeiter des Mülheimer Finanzamtes derzeit bei 50 Jahren.