Broich..


Prinzessin Luise wäre bei diesem Wetter sicher nicht vor die Türe gegangen. Es regnet heftig. 226 Jahre nach dem ersten Besuch der jungen Adeligen auf Schloß Broich starten ein paar Unerschütterliche hier einen Spaziergang auf den Spuren der späteren Preußen-Königin. Mit Schirmen ausgerüstet und neugierig auf die Geschichte und Gegenwart Broichs. Diese nämlich sollen gemeinsam mit den Gästeführerinnen Beate Fischer und Petra Hoffmann erkundet werden - beim ersten von sechs Stadtteilrundgängen, die die Mülheimer Stadtentwicklung und Tourismus GmbH ganz neu anbietet.

„Aus dem Gestern durch die Mitte auf den Campus“ - unterwegs geht es nicht nur um Vergangenes. Zunächst allerdings doch: „Während ihrer Aufenthalte auf Schloß Broich ist Luise viel spazieren gegangen. Der Schloßgarten befand sich damals südlich der Burganlage, dort wo heute die Duisburger Straße verläuft“, erklärt Beate Fischer beim Durchqueren der Müga. Gleichzeitig erfahren die „Mitläufer“ auch, wie aus dem Gelände, wo einst Schwerindustrie angesiedelt war, die Gartenschau wurde - und (die Jüngeren) kriegen den Tipp, dass im Ringlokschuppen heute die Semesterpartys der neuen Fachhochschule steigen.

Für die „Knautschzone“ zwischen Speldorf und Saarn, wie Beate Fischer den streifenförmigen Stadtteil Broich augenzwinkernd nennt, gab es 1887 den ersten Bebauungsplan. Schöne Gründerzeithäuser sieht man im Viertel zwischen der Bülowstraße und der Duisburger. Und umgenutzte Gebäude wie etwa die alte Lederfabrik Tholl, in der sich jetzt moderne Loft-Wohnungen befinden. Wie köstlich es noch bis vor etwa zwei Jahren am Schloßberg duftete, können die Spaziergänger leider nicht mehr erschnuppern. Die Ruhrtaler Waffelfabrik hat dicht gemacht und ist gen Osten gezogen. Nicht mehr da ist auch die Ruhrtalbahn, die nach Kettwig tuckerte.

Die Wilhelminenkirche passiert das Sigth-Seeing-Trüppchen ebenso wie ein Haus in der Kurfürstenstraße, das mit Kaiser Wilhelms Portrait verziert ist. Bemerkenswert auch: die Häuserzeilen in der Frankenallee (von 1930) - mit bayrischen Stadtwappen geschmückt. Auf inhabergeführte Läden weisen die Stadtführerinnen hin, und darauf, dass es bis in die 90er an der Reichstraße eine weltweit tätige Firma saß - Elektro Neumann. An der Broicher Mitte wird lange Halt gemacht - die Entstehung des Centers ist eine längere Geschichte . . . Zur Erfolgsstory für den Stadtteil werden soll die Hochschule Ruhr West, die an der Duisburger Straße entsteht. Dort endet der Ausflug - bei einem Broicher Winzer. Ein Gläschen Rotwein hätte Luise ­sicher auch nicht geschmäht.