Parteibuch

Auflage: Tendenz sinkend. Doch das gute alte Parteibuch gehört zur SPD wie August Bebel oder Willy Brandt. In Mülheim gibt es aktuell noch 2000 sozialdemokratische Parteibuchbesitzer. Bundesweit sind es derzeit 480 000. 1972 waren es noch 1,1 Millionen.

Zielgruppe: Für SPD-Parteibuchbesitzer und Parteigeschäftsführer Arno Klare: „alle Menschen, die etwas mit den Gedanken Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit verbinden.“

Nutzwert: Der ist vor allem ideelle Natur. Darüber hinaus ist das Parteibuch der einzige legitime Nachweis für politische Zugehörigkeit zur SPD und deshalb Ausweis für überörtliche Parteitage. Ihre Beitragsmarken können Genossen auch heute noch in ihr Parteibuch kleben, müssen es aber nicht mehr. Denn auch die SPD geht mit dem Fortschritt und hat die Haussammlung der Mitgliedsbeiträge durch den Bankeinzug ersetzt.

Erscheinungsbild: Das hat sich im Laufe der Zeiten immer wieder gewandelt. Nach dem Krieg hatte das Parteibuch im handlichen und westentaschentauglichen A6-Postkartenformat einen einfachen Pappeinband, der in den modernen 70er Jahren durch blaues Kunststoffleder ersetzt wurde. Heute hat es einen roten Leineneinband.

Unterhaltungswert: Der hat deutlich abgenommen. Bis 1990 konnten Genossen in ihrem Parteibuch noch das Grundsatzprogramm der SPD nachlesen. Heute sieht man auf den Parteibuchseiten nur noch persönliche Daten, vom Geburts- und Parteiintrittsdatum bis zum Ortsverein und bestenfalls noch einige Beitragsmarken, deren originelle Farbigkeit und Motivwahl aber auch nachgelassen hat.

Klassenbuch

Auflage: Nur 27 im Falle der Willy-Brandt-Gesamtschule mit ihren insgesamt rund 1000 Schülern, weil das gute alte Klassenbuch in der Oberstufe durch Kurshefte ersetzt wird. Der Seibert-Verlag, bei dem die Schule ihre Klassenbücher bestellt, druckt jährlich 100 000 Klassenbücher.

Zielgruppe: Schüler und Lehrer.

Nutzwert: Hier kann man sehr kurz und knapp, wie im Telegrammstil nachvollziehen, wann was unterrichtet, gelernt oder geprüft wurde und wer wie oft gefehlt hat oder welche Stunden wann ausgefallen sind. Auch wer aus welchen Gründen auch immer nicht mehr weiß, wo er welche Hausaufgaben zu machen hat, kann sich hier auf einen Blick schlau machen.

Unterhaltungswert: Der hat stark nachgelassen, seit das Klassenbuch nicht mehr dazu genutzt wird, um Schülervergehen, wie „Fritz hat gestört“ oder „Peter hat unflätige Worte an die Tafel geschrieben“ zu verewigen. Statt ins Klassenbuch zu schreiben, nehmen Pädagogen unbotmäßige Schüler lieber unter vier Augen ins Gebet, um ihnen auch schon mal die Leviten zu lesen.

Erscheinungsbild: Äußerlich sehr stabil im farbenfrohen Einband, je nach Jahrgang, mal gelb, mal orange, mal rot, mal türkis. Das Innenleben des Klassenbuchs ist mit klaren Linien von der ersten bis zur letzten Seite streng durchstrukturiert. Lehrerhandschriften, mal schwarz, mal blau, aber fast immer gut lesbar, sorgen für eine kreative Note. Die Seiten, denen unten auch schon mal eine kleine Ecke fehlt, sind vom vielen Umblättern gut angegriffen.

Gebetbuch

Auflage: In Mülheim gibt es zurzeit 36 Diözesan- und Ordenspriester, die von Amtswegen ein Gebetbuch, auch Brevier oder Stundenbuch genannt, besitzen und täglich lesen müssen. Laut Herder-Verlag werden bundesweit pro Jahr 1000 Stundenbücher nachgedruckt.

Zielgruppe: Priester und Ordensleute, aber auch glaubensinteressierte Laien.

Erscheinungsbild: Der Kunstledereinband mit goldener Aufschrift macht was her. Dass auf seidendünnen Papierseiten verzeichnete Innenleben besteht aus Bibel,- Gebets,- Lieder- und Predigttexten. Bilder sucht man in den gut 2000 Seiten starken Brevieren vergeblich. Jedes Gebetbuch besteht aus drei Brevieren, die sich auf die Advents- und Weihnachtszeit, auf die Fasten- und Osterzeit und auf den restlichen Jahreskreis der Kirche beziehen.

Nutzwert: Für den Pfarrer von St. Mariä Himmelfahrt, Pater Josef Prinz, sind die vier täglichen Lektüren seines Breviers „intensive Gespräche und Beziehungspflege mit Gott“, die ihn mit seinen Amtsbrüdern in aller Welt verbinde.

Unterhaltungswert: Mit gläubigem Herz und Verstand gelesen, liefert die Lektüre froh machende Denkanstöße für den Alltag. Besinnung und Ruhe und eine Vertiefung des Glaubens, der fürs Leben stark macht.

Logbuch

Auflage: Schwer zu sagen. Allein bei der Weißen Flotte dürfte die Auflage bei etwa 45 bis 50 Büchern liegen. Dazu kommen noch die Schiffe, die täglich in Mülheim festmachen oder auf der Ruhr vorbeischippern.

Zielgruppe: Binnenschiffer, Hafenpersonal und Zollbeamte

Nutzwert: Für Binnenschiffer unermesslich. Jeder gefahrene Kilometer Fluss ist hier verzeichnet. Inklusive Pausen, Ladung und besonderen Vorkommnissen. Darüber hinaus gibt das Logbuch einen Überblick über die wichtigsten Schifffahrtsgesetze und Vorschriften. Und zwar in drei Sprachen: Deutsch, Niederländisch und Französisch.

Unterhaltungswert: Wenn man nicht gerade Binnenschiffer, ermittelnder Zollbeamter oder Hafenmitarbeiter ist oder irgendwie anderweitig Gefallen an langen tabellarische Anordnungen von Städtenamen und Kilometerangaben findet, eher gering. Wer aber zu einer der oben genannten Personengruppen gehört, für den ist so ein Logbuch ein abendfüllender Spaß.

Erscheinungsbild: Eher zweckmäßig. Doch auch hier gilt: Niemals ein Buch nach seinem Einband beurteilen.

Sparbuch

Auflage: Das gute alte Sparbuch hat bei der Sparkasse aktuell eine Auflage von 120 395 Exemplaren. Tendenz steigend.

Zielgruppe: Alle von 0 bis 100, die ihr geschenktes, verdientes oder ererbtes Geld sicher anlegen und langsam, aber sicher vermehren wollen.

Nutzwert: Wer ein Sparbuch hat, hat zumindest mal etwas in der Hand und kann auf einen Blick sehen, was die Stunde für ihn oder sie finanziell geschlagen hat. Außerdem können Sparbuchbesitzer ihre Spareinlagen auch vergleichsweise schnell abrufen, was nicht bei allen Anlageformen der Fall ist. Nützlich ist es auch, dass man die Zinsen in der Filiale eintragen lassen kann. Versuchen Sie das mal mit Offshore-Guthaben auf weit entfernten Inseln...

Erscheinungsbild: Die Optik kann nun ehrlicherweise mit den funkelnden Zertifikats- oder sonstwie-Scheinen nicht mithalten. Das Sparbuch ist schlicht, traditionell und schmal. Dafür ist es aber auch handlich und passt, anders als mancher dicker Wälzer, in jede Westentasche.

Unterhaltungswert: Das Sparbuch macht nicht viele Worte, sondern kommt mit seinen Zahlen schnell auf den Punkt. Der Unterhaltungswert steigt sicher mit den Zahlen, die auf seinen Seiten abgedruckt sind. Allerdings hält sich dieser Unterhaltungswert angesichts der niedrigen Zinsen derzeit in überschaubaren Grenzen.

Handbuch

Auflage: Früher, da war die Welt noch in Ordnung und der Alltag meist mit wenigen Handgriffen beherrschbar. Der Fernseher hatte drei Knöpfe und ebenso viele Programme, das Telefon eine Wählscheibe, und wenn der Motor muckte, ließ sich das Auto mit einem gezielten Hammerschlag wieder flott machen. Ab 1962 erschien dann die erfolgreiche Buchreihe „So helfe ich mir selbst“, die mit 200 Bänden eine Auflage von über 10 Millionen erreichte und vielleicht so etwas wie die Mutter aller Handbücher ist, auch wenn es damals noch nicht so hieß.

Zielgruppe: Ohne elektronisches Analysegerät läuft inzwischen in der Autowerkstatt kaum noch etwas und beim Kauf von Geräten werden Gebrauchsanweisungen gereicht, die auch durch ihre Vielsprachigkeit auf mehrere hundert Seiten angeschwollen sind. Sie könnten in jedem Haushalt inzwischen ganze Bücherregale füllen und ernähren einen eigenen Berufsstand.

Nutzwert: Fragt man andere als die Autoren, ist der Nutzwert von Handbüchern begrenzt.

Erscheinungsbild: Handbücher zeigen grundsätzlich außen, was drin ist. Achtung also bei Buchtiteln mit Reagenzgläsern, Ikeamöbeln und Hamsterkäfigen.

Unterhaltungswert: Der ist hoch - leider meist nur für Außenstehende. Denn es entwickeln sich oft bei einem Problem mit modernen Geräten wahre Dramen. Recht stereotyp und den Intellekt unterfordernd, beginnen sie immer mit der Aufforderung, den Netzstecker einzustöpseln. Das Niveau steigert sich dann exponentiell, unbekannte Fachwörter werden eingestreut und abenteuerliche Bezüge hergestellt, so dass man sich bald wie ein Analphabet fühlt. Irgendwann drückt man, in der Hoffnung den richtigen zu treffen, wahllos auf alle Knöpfe des Gerätes, was alles nur noch schlimmer macht.

Leise fluchend und mit Schweißperlen auf der Stirn muss es später ein Freund richten - irgendeiner ist ja glücklicherweise immer technisch versiert. Bei ihm kann man sich dann mit einem selbstgekochten Menü revanchieren. Wer nicht weiß, wie das geht: einfach im Handbuch nachschlagen.

Es geht nichts über echte Freundschaft.