Es ist gerade ein gutes Jahr her, da verkündete die Theodor Fliedner Stiftung stolz: „Matthias Dargel und Sabine Halfen übernehmen zum 1. März 2012 die Stiftungsleitung.“ Sie waren angetreten als Nachfolger von Prof. Dr. Klaus D. Hildemann. Seit Freitag ist dieses Kapitel Geschichte, zumindest für einen Teil der Doppelspitze. Der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Paul Meusinger, gab bekannt, dass Pfarrer Matthias Dargel seine Tätigkeit beendet hat und nunmehr zügig ein Nachfolger für ihn gesucht werde. Spätestens im Juli soll die Personal-Entscheidung fallen, hieß es.

Mit Vorwürfen, die in letzter Zeit in der Öffentlichkeit aufgekommen waren und die von angeblichen Unstimmigkeiten zwischen der Geschäftsführung und der Belegschaft berichteten, habe der Rücktritt nichts zu tun: „Herr Dargel hat gesagt, er habe ein Angebot bekommen, dass er nicht ablehnen könne“, so Meusinger.

Wer genau der neue Arbeitgeber sein wird, wollte er indes nicht sagen, nur so viel: Es sei ein bedeutender diakonischer Träger. Am Nachmittag flatterte dann eine Pressemeldung in die Redaktion, die verriet, dass Dargel ab 2014 im Vorstand des Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands tätig sein wird.

Kostendruck ist stark angestiegen

Die Theodor Fliedner Stiftung befindet sich in einer Phase des Umbruchs, berichteten Paul Meusinger und sein Stellvertreter, Reinhard Benn. So erfahre zum Beispiel die Behindertenhilfe eine Neuausrichtung, hieß es. Diese Entwicklung betreffe nicht nur Fliedner, sondern Einrichtungen bundesweit, erklärte Meusinger – „weil der Kostendruck höher geworden ist“. Doch nicht allein ökonomische Gesichtspunkte seien für die Umorientierung entscheidend, sondern auch eine modernere Auffassung der Arbeit: „Das Stichwort ist Inklusion“, so Benn, „man will behinderte Menschen nicht mehr abkapseln, sondern integrieren.“

Auch in den Bereichen Altenhilfe, klinische Psychiatrie und Ausbildung werde es Veränderungen geben, kündigten die Kuratoriumsmitglieder an. „Es gibt überall Bewegung“, so Meusinger. „Und es geht dabei um die Frage, wie wir die Stiftung zukunftsgerecht aufstellen. Und auch darum, wie wir Qualitätsführer sein können“, so Benn. Denn Fliedner sei ein Markenzeichen, ein Name, der für qualitativ hochwertige und innovative Konzepte stehe.

Die Umstrukturierungen würden „zusehends von den Mitarbeitern mitgetragen“, berichtete Meusinger. Ihm und den Kuratoriumskollegen sei sehr an der Mitarbeit der Belegschaft und an offener Kommunikation gelegen, betonte er.

Anonym vorgetragene Vorwürfe

Die Theodor Fliedner Stiftung ist in fünf Bundesländern vertreten und hat insgesamt 200 Mitarbeiter. 600 davon arbeiten am Standort Mülheim, wo im Übrigen auch der Hauptsitz der Verwaltung ist. Dass es Probleme und eine gewisse Unruhe im Fliedner-Dorf gebe, davon hätten gerade einmal drei Mitarbeiter berichtet, so Sabine Halfen, stellvertretende Vorstandsvorsitzende. „Und es haben mich auch viele Mitarbeiter angerufen, die sich massiv von den Vorwürfen distanzieren wollten.“

Einer der anonym vorgetragenen Vorwürfe lautete zum Beispiel: „Da man ständig mit Repressalien rechnen muss, ist es leider nur möglich, sich anonym zu beschweren oder zu gehen. . .“ Wer sich wehre, fliege raus, heißt es in dem Schreiben, das der WAZ vorliegt.

„Es gibt Defizite“, räumte Reinhard Benn ein, „und diese wurden auch zu Recht zur Sprache gebracht.“ Ins Detail mochten Benn und Meusinger aber nicht gehen: „Wenn wir konkret werden, verschlimmbessern wir die Situation nur und stellen Menschen bloß.“ Hauptsache sei, es werde nun eine Lösung mit den zuständigen Fachbereichsleitern gefunden. Frank Lemmer, Vorsitzender der Gesamtmitarbeitervertretung, wies übrigens darauf hin, dass es „eine sehr geringe Fluktuation“ gebe, und dass nach Tarif bezahlt werde, was nicht überall der Fall sei.