Alle reden vom Umwelt- und Klimaschutz. Die Stadt Arnsberg tut etwas dafür. Ihr Bürgermeister Hans-Josef Vogel hat eine Parkgebührenbefreiung für alle Fahrzeughalter durchgesetzt, die ein Elektroauto oder eines von 371 Fahrzeugmodellen fahren, die weniger als 100 Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer ausstoßen und damit einen Beitrag zur Verminderung der umwelt- und gesundheitsgefährdenden Luftverschmutzung leisten. Fragt sich, ob Mülheim auf das Arnsberger Modell abfahren sollte.
Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf und die Geschäftsführerin der Mülheimer Klimaschutzinitiative, Susanne Dickel, sprechen von einer „guten Idee“, die „ein Zeichen setzt und Anreize schafft“, umweltfreundliche Mobilität zu fördern. „Wenn Leute einen höheren Preis in Kauf nehmen, um sich ein umweltfreundliches Auto zu kaufen, ist es nur gerecht, wenn sie im Gegenzug dafür einen kleinen Vorteil eingeräumt bekommen“, findet Zentgraf. Dickel macht sich zwar keinen Illusionen über die begrenzte Wirkung einer Parkgebührenbefreiung, „weil wir ja im Moment noch nicht so viele Elektroautos am Start haben.“ Sie hofft aber auf eine positive Signalwirkung und plädiert dafür, auch im Rahmen des kommunalen Car-Sharings Elektroautos einzusetzen, um sie öffentlichkeitswirksam auf die Probe zu stellen und zu klären, ob sie eine optimal Reichweite bieten können.
Ein zusätzliches Bonbon
Fragt man bei den Ratsfraktionen nach, die eine solche Parkgebührenbefreiung beschließen müssten, stößt man auf gebremste Euphorie.
Hansgeorg Schiemer (CDU), Claus Schindler (SPD), Lothar Reinhard (MBI) und Hubert Niehoff (Grüne) üben sich in vorsichtiger Aufgeschlossenheit. Sie sehen aber noch Prüfungsbedarf und wollen Ergebnisse des Arnsberger Modells abwarten. „Das muss im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzgedanken nicht verkehrt sein und könnte ein weiterer Schritt zu einer optimierten Parkraumbewirtschaftung sein. Wir sollten uns keine Denkverbote auferlegen“, meint CDU-Fraktionsgeschäftsführer Schiemer. Sein SPD-Amtskollege Schindler spricht von einer „bedenkenswerten Idee und einem zusätzlichen Bonbon“, um umweltfreundliche Mobilität zu fördern. Er räumt ein: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Grünen-Stadtrat Niehoff möchte angesichts der Haushaltslage keine Parkgebührenfreiheit, sondern der Zielgruppe nur eine reduzierte Parkgebühr für Autofahrer gewähren. Außerdem würde er einen solchen Beschluss „wieder einfangen“, sobald die Zahl entsprechender Fahrzeuge deutlich ansteigen würde und das eigentliche Ziel erreicht wäre.
MBI-Fraktionssprecher Reinhard sagt: „Wir würden alles mitmachen, was wirklich zu einer nachhaltigen Reduzierung der CO2-Belastung führen würde. Aber man müsste erst mal, vielleicht für ein Jahr, ausprobieren, ob eine solche Parkgebührenfreiheit etwas bringt.“
Kein finanzieller Spielraum
Der Fraktionschef der FDP, Peter Beitz, der Verkehrsexperte der Grünen, Axel Hercher, und die Linken-Ratsherren Achim Fänger und Cevat Bicici stehen der Arnsberger Parkfreiheit für umweltfreundliche Autos aus unterschiedlichen Gründen skeptisch bis ablehnend gegenüber.
Der Liberale Beitz sieht angesichts der kommunalen Haushaltslage und des Parkdrucks in Mülheim keine Spielräume für eine Parkgebührenbefreiung und plädiert grundsätzlich für eine Gleichberechtigung aller Autofahrer. Außerdem fragt er sich: „Wer soll das kontrollieren?“ und warnt vor einem personellen Mehraufwand der Stadt. Den sieht SPD-Ratskollege Schindler nicht, wenn die Parkgebührenbefreiung für umweltfreundliche Autos stadtweit gelte.
Der Grüne Hercher lehnt eine Parkgebührenbefreiung grundsätzlich ab. „Die Parkgebühren sind noch zu niedrig und müssten erhöht werden, um die Leute dazu zu bringen, mit dem öffentlichen Personennahverkehr statt mit dem Auto zu fahren,“ betont er. Hercher könnte sich lediglich mit einer Staffelung der Parkgebühren anfreunden, die abgasarme und abgasfreie Autos begünstigen würde. Die beiden Linken Fänger und Bicici würden das Geld der Steuerzahler aus ökologischen und sozialen Gründen lieber in die Verdichtung und Verbilligung des öffentlichen Personennahverkehrs als in eine Parkfreiheit für Ökoautos investieren. „Wir müssen Fahrkarten bezahlbarer machen und brauchen ein Sozialticket, das seinen Namen auch verdient“, glauben Bicici und Fänger. Dann würden, so meinen sie, auch mehr Mülheimer vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen.