Irgendwann fällt das Wort dann doch, das so gar nicht zum ernsthaften Vorhaben passen will. Ein wenig, lacht Bürgermeisterin Renate aus der Beek (SPD) in einem gläsernen Sitzungszimmer des Rathauses, sei das ja „wie Weihnachten“. Über den Flur beantworten Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung geduldig letzte Telefonanfragen über die zentrale Behördennummer 115, der WDR ist mit einem Fernsehteam da, und der Blick aus dem Fenster endet an der tristen und erdrückend hohen Rückseite des Ruhrbania-Baus 1, der deutlich mehr Kritiker als Käufer hat. Weihnachten hat man sich immer anders vorgestellt. Eine inzwischen häufige Zutat des Geschenkefests hält aus der Beek aber immerhin in ihren Händen: ein iPad. Original verpackt, zum originalen Preis und zu einem originellen Zweck. Geld zu sparen.

Um genau zu sein: Papier-, Druck- und Portokosten. Politik produziert Papier, viel Papier. Protokolle, Vorlagen, Bebauungspläne, all das will vielleicht nicht immer gelesen, aber erst mal gedruckt und überwiegend nach einem einfachen Prinzip verteilt sein. Jeder kriegt alles. Selbst wenn er es gar nicht braucht. 37000 Euro hat der Gebühren- und Steuerzahler dafür im vorigen Jahr berappt. Da, fand der Stadtrat, sei es eine gute Idee, wenn der Steuerzahler nochmal 41357 Euro drauflegt, damit alle 59 Ratsmitglieder ein neues iPad erhalten und versprechen, von jetzt ab papierlos Politik zu machen. Nun, 59 sind es erst mal nicht geworden; 32 machen zunächst mit, ein weiterer nimmt mit seinem privaten Tablet teil und fünf Ratsmitglieder erhielten gestern Nachmittag also „das Arbeitsmedium der Zukunft“ (Stadtverwaltung) samt ausgedruckter Bedienungsanleitung ausgehändigt („Schritt 1: iPad anschalten“).

Das Unterfangen sei so modern und einträglich, wie Stadtdirektor Frank Steinfort meinte, dass es schon zahllose Anfragen anderer Städte gebe. Und was sparen die iPads nun, deren private Nutzung weder kontrolliert werden kann noch soll? Steinfort nannte Zahlen: „130000 Euro in fünf Jahren.“ Das ist bereits eine längere Haltbarkeitsdauer, als es Apple lieb ist. Ob es so kommt, wird natürlich gewissenhaft und amtlich analysiert, zum ersten Mal in einem Jahr.

Die Analyse aber wird nur zwei Vergleichsgrößen haben: die Zeit mit iPad und ohne Papier und die ohne iPad mit Papier. Eine dritte, weit kostengünstigere Variante, wird nicht vorkommen: Kein Papier, kein Porto - und dafür einen Kostenzuschuss für jedes Ratsmitglied, um benötigte Unterlagen aus dem elektronischen Ratsinformationssystem ausdrucken zu können. Sind wir großzügig, sagen wir: hundert Euro pro Jahr, 5900 Euro summa summarum.

Weniger wäre noch nie gedruckt worden. Und das müsste dann auch Renate aus der Beek recht sein, die den iPads und dem Verzicht auf Bedrucktes, diesmal ganz ernsthaft, noch einen unerwarteten Nutzen bescheinigt. „Damit müssen nicht mehr so viele Bäume gefällt werden, das ist auch besser für die Umwelt.“

Zu so viel Erkenntnis sah sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Michels noch nicht in der Lage. Er werde, kündigte er gutgelaunt an, das Gerät ohnehin erst am Abend auspacken, „zusammen mit meiner Frau.“

So macht man das auch zu Weihnachten.