Die Bäckerei Lübben versorgt das Dichterviertel seit über einem Vierteljahrhundert mit allerlei Backwaren - und richtet sich jetzt mit Backseminaren auf die Zukunft aus. Was sich vom Profi lernen lässt, an diesem Tag im Handwerksbetrieb am Goetheplatz wollen das acht Frauen wissen. Vier Stunden lang demonstriert Bäckermeister Walter Lübben – quasi als Hahn im Brotkorb - höchstpersönlich seine Kunst und lässt die interessierten Damen in das hineinschnuppern, was seit 45 Jahren sein tägliches Brot ist.

Sieben der anwesenden Frauen haben sich aus Mülheim auf den Weg gemacht – eine Essenerin ist dazugestoßen. Neugier treibt sie und der Wunsch nach Perfektion.

Mit dem Mehl fängt alles an

Der erste Weg durch die Backstube führt dabei zur Mühle. Lübben stellt sein Mehl und seine Schrote – die Feinheit der Körnung macht hier den Unterschied – allesamt selbst her. Beinahe andächtig stehen die Teilnehmerinnen vor dem gerade mal mikrowellengroßen, hölzernen Gerät. Die geringe Größe hat dabei durchaus ihre Berechtigung, denn das Mahlen in großen Mühlen erwärmt das Mehl stark. „Wenn Mehl warm wird, werden die Eiweißstoffe zerstört“, was sich negativ auf den Geschmack auswirkt. Dann folgt ein nächster, unerwarteter Tipp: „Hefe niemals bröseln oder mit Wasser oder Milch ansetzen“, rät der Fachmann. Sie arbeite dann sofort und würde Kraft verlieren, die dann, „wenn es drauf ankommt“, nicht mehr zur Verfügung stehe. „Im Ofen passiert dann nichts mehr.“

Im Verlauf der vier Stunden sollen ein Brot, ein Stuten und ein Hefezopf hergestellt werden. Am Ende gibt es sogar noch zwei Zugaben. „Ohne Sauerteig kann man eigentlich kein richtiges Brot backen.“ Das ist der erste von vielen Tipps, den die dem Backen zugeneigten Damen im Alter zwischen 20 und 70 Jahren erhalten. Und: Walter Lübben kann den Stolz auf seinen Ofen nicht verhehlen. „Das ist ein Stein-Dampf-Backofen. Er ist gemauert, wurde 1952 gebaut, vor 18 Jahren überholt und wird mit Öl beheizt.“ Das Gerät mit vier großen Metallklappen, durch die das Backgut ins Innere geschoben wird, läuft und läuft und läuft. Die Hitze entsteht durch Rohre im Inneren, durch die heißer Wasserdampf geleitet wird. „Ein neuer Ofen würde 100 000 Euro kosten – und nur 20 Jahre halten“, sagt Lübben.

Eine der Neugierigen ist Katrin: „Ich wollte einfach mal in eine Backstube und sehen, wie ein Bäcker arbeitet. Ansonsten hab ich den Kurs einer Nachbarin zum Geburtstag geschenkt – und auch direkt meine Tochter mitgebracht.“ Eben jene Nachbarin ist die lebenserfahrenste Teilnehmerin, Tochter Sina die jüngste: „Ich backe lieber, als dass ich koche, und da dachte ich mir: Backkurs ist OK.“ Dieser Meinung sind hier alle.

Übung macht den Meister

Walter Lübben bietet seinen Gästen eine Parforce-Ritt durch das Bäckerhandwerk, während seine Frau Kaffee, Wasser und frisch gepressten Möhren-/Apfelsaft reicht. So formen die Seminarteilnehmer eigenhändig Brot und einen Stuten, dessen weitere Zutaten wie Mandeln, Schokolade oder Rosinen sie selbst wählen dürfen. Darüber hinaus darf jeder einen Hefezopf flechten und sich eine Brezel drehen. Jedes Mal ist die Erkenntnis aufs Neue erschütternd, wie spielerisch leicht diese Handgriffe beim Meister aussehen und wie mühsam sich dann die Eine oder Andere an ein - zumindest ähnliches - Ergebnis herantasten muss. Als eine Teilnehmerin wissen möchte, wie man Mürbeteig herstellt, werden kurzerhand Mürbeteigherzen ins Programm aufgenommen – und das Profi-Rezept für Streusel gibt´s noch obendrauf.

Als das Seminar beendet ist und alle mit den selbst hergestellten Backwaren den Ort des Geschehens verlassen, sind die Meisten wahrscheinlich schon allein vom Naschen am Teig satt. Übrigens, das Geheimnis für einen perfekten Mürbeteig lautet 1-2-3: Ein Teil Zucker, zwei Teile Fett und drei Teile Mehl.