Lange ist es her, dass sich hier einmal die Toilettenpapierrollen stapelten, dass Shampoo-Flaschen in Reih und Glied auf ihre Haarpracht warteten. Zu lange, war die fehlende Kundschaft für die Drogeriekette Schlecker doch die Hauptursache der Insolvenz. Die Standorte der Filialen galten als unattraktiv, die Verkaufsflächen als veraltet. „Teilweise befanden sich die Läden wirklich an sehr, sehr schwachen Standorten“, weiß so auch Tim Schiebold von Mülheim & Business zu berichten. Der Wirtschaftsförderer verweist aber auch darauf, dass ein schlechter Standort für eine Drogerie, nicht gleichbedeutend mit einem schlechten Umfeld für eine andere Geschäftsidee sein muss.

So sind Stand heute, gut ein Jahr nachdem der letzte Schlecker-Laden geschlossen hat, fünf von neun Geschäften, in denen das insolvente Unternehmen einst Waren präsentierte, wieder vermietet. Auch sind 35 Prozent der Schleckerläden, die noch bis zum bitteren Ende ihren Standort aufrecht erhielten von neuen Unternehmen bezogen worden. Dass zeigen auch die fünf Mülheimer Beispiele, in denen die Schwächen an des Standortes, mal mehr und mal weniger positiv genutzt werden konnten.

Bereits seit eineinhalb Jahren ist die Prinzess-Luise Straße die Heimat der „Bücherträume“. Die Schlecker Filiale wurde hier umgestaltet, teile der Fläche vom Besitzer der Immobilie nun selbst benutzt. Karin Tator und Petra Büse-Leringer erklärten bei einem Gespräch, dass es vor allem die Nähe zur Kundschaft aus Broich und Stadtmitte war, das den Ausschlag zur Immobilie gegeben hatte. Wenige Fußgänger, dafür viel Durchfahrtsverkehr. Die Abendlektüre kauft sich halt doch gezielter als ein Deodorant. Was für Schlecker somit ein Problem wurde, entpuppte sich für die „Bücherträume“ als ein echter Vorteil.

Ein „Bauchgefühl“

Ähnliches können Bettina Heikamp und Yvonne Mandau berichten, die seit März ihr „Sozialkaufhaus“ an der Oberhausener Straße betreiben. „Die Lage erschien uns optimal“, berichtet Geschäftsführerin Bettina Heidkamp. Besonders die gute Anbindung an den öffentliche Nahverkehr war ausschlaggebend für die Entscheidung hier in Styrum Möbel und gebrauchte Kleidung für sozial schwächer gestellte Personengruppen zu verkaufen. So stört es Heidkamp auch nicht weiter, dass vor Ort keine eigenen Parkplätze vorhanden sind. „Letztendlich war es aber auch ein Bauchgefühl, warum wir uns den Standort geschnappt haben.“

Zugeschlagen hat auch Tolga Kilic. Der Betreiber eines Fachhandels für Satellitenanlagen auf der Eppinghofer Straße nutzte die Insolvenz von Schlecker um ein Problem zu lösen: Sein Ladenlokal war mit 70 Quadratmetern schlicht zu klein geworden. Nun stapeln sich auf einer fünf mal so großen Fläche Hi-Fi-Anlagen, Receiver und Empfangsschüsseln. „Früher hatten wir ein externes Lager. Nun haben wir Verkaufsraum, Lager und eine Werkstatt an einem Ort“, erklärt Kilic den Umzug. Seit Neujahr ist das Geschäft geöffnet, der Standort für den jungen Geschäftsmann ausschließlich mit Vorteilen verbunden. Kilic: „Wir wollten nicht aus diesem Viertel wegziehen. Hier sind unsere Stammkunden. Denen können wir nun einen besseren Service bieten.“

14 Tonnen Salz in zwei Salinen

Auch zu Schleckers Zeiten gab es hier bereits Salz zu kaufen, heute tropft er von der Decke, liegt verstreut auf den Boden: Die „Salzgrotte Mülheim“ eröffnete im November vergangenen Jahres in Saarn ihre Türen. An die ehemalige Schlecker-Filiale an der Luxemburger Allee erinnert hier rein gar nichts mehr. 14 Tonnen Salz wurden in zwei Salinen, Räumen, in denen mit Meersalz angereicherte Luft, bei Atemwegserkrankungen und Allergien helfen sollen, verbaut. Dort, wo früher Verkäuferinnen die Ware ausgepackt haben, ist nun Entspannung angesagt. Mit Himalaya-Salz an den Wänden und Salz aus dem Toten Meer auf dem Boden. „Das Klientel hier ist sehr gut: Viele Familien mit Kindern, dazu ältere Menschen. Auch wenn die Räumlichkeiten etwas versteckt liegen, wir sind glücklich hier“, erklärt Besitzerin Tatjana Glosmann.

Entspannung gibt es auch bei Physiotherapeut Daniel Jao. Bereits im Oktober 2011 übernahm er eine etwas versteckt gelegenen Schlecker-Filiale an der Gerberstraße 11. Dort richtete er sein Therapiezentrum ein, und schwärmt von der Lage: „Ich habe eine breite Kundschaft hier und noch dazu die passenden Räumlichkeiten vorgefunden.“

Den noch passenden Besitzer sucht die ehemalige Schleckerfiliale an der Leineweberstraße 15. Seitdem die Drogerie dort ausgezogen ist, versuchten sich ein Matratzenladen, die „Wertstadt“, ein Forum zur Bürgerbeteiligung über die Veränderung rund um den Kaufhof und nun die Dezentrale des Ringlokschuppens. Dort haben nun vereinzelnd Diskussionsrunden zum Thema: Ihre Themen, passender könnte es nicht sein, Pläne und Gedankenspiele über die Veränderungen des Mülheimer Stadtbildes. Und eben auch Neunutzung der Schleckerläden.