Wenn der Winter seine Spuren hinterlassen hat, beginnt für sie die Akkordarbeit: Fünf Minuten, kaum länger als die gleichnamige Terrine oder das morgendliche Frühstücksei, benötigen die beiden Männer der „Schlagloch-Kolonne“ um eines der zeitungsgroßen Löcher auf Mülheims Straßen zu beseitigen. Warum das so schnell gehen muss? 12 000 kleine und große Straßenschäden entstehen während eines normalen Winters, die meisten von ihnen sollen noch bis Ende April provisorisch ausgebessert werden. „80 bis 100 Schlaglöcher können am Tag befüllt werden“, weiß Andreas Pape, zuständiger Leiter Straßenbau im Amt für Verkehrswesen und Tiefbau zu berichten. Heißt: In einer Acht-Stunden-Schicht bleiben also nicht mehr als sechs Minuten pro Reparaturvorgang.
Das gelingt, weil mit sogenannten Kaltasphalt gearbeitet wird. 1,5 Tonnen davon können die Arbeiter mit ihren Fahrzeugen transportieren. Und ihn bei fast allen Witterungsverhältnissen verarbeiten. „Manche Bürger beklagen sich immer, dass dieses Baumaterial manchmal doch nicht länger als drei Monate halte. Doch das stimmt so nicht. Und außerdem ist es auch keine Dauerlösung. Es geht uns in erster Linie um das schnelle Verhindern einer Gefahr“, erklärt Andreas Pape. Nicht also der Kostenfaktor ist daher das Entscheidende - mit 100 Euro pro Tonne sind sowohl Kalt- als auch Warmasphalt gleicht teuer - sondern die schnelle Reaktionszeit. Pape: „Das Gemisch lässt sich lange Lagern, benötigt keine zusätzlichen Gerätschaften.“
Hauptstraßen haben Priorität
Doch wenn so schnell auf potenzielle Gefahrenquellen reagiert werden kann, warum gleicht dann mancher Verkehrsweg in Mülheim noch im späten Frühling einer Buckelpiste? Auch dafür hat Pape eine einfache Erklärung: Hauptverkehrsstraßen und der Innenstadtbereich haben absolute Priorität: Pape: „Wenn etwa ein Schlagloch auf dem Kaiserplatz, über den täglich 20 000 Autos fahren, festgestellt wird, müssen wir das schneller beseitigen als in einer Sackgasse mit vielleicht fünf Anwohnern.“
Hinweise an die Bürgeragentur
Im Kampf gegen die Zeit hilft auch, dass sich schon mit Jahresbeginn und ersten Anzeichen von Frostschäden die Mitarbeiter auf der Suche nach den Straßendellen machen. Unterstützt werden sie durch Hinweise von Mülheimern, die sich tagtäglich bei der Bürgeragentur melden und Schäden mitteilen. Aber auch Polizei, Ordnungsdienst und stadtische Mitarbeiter sind angewiesen, Straßenschäden unverzüglich beim Tiefbauamt zu melden. Erst einmal aufgenommen, machen sich zwei weitere Mitarbeiten auf den Weg, kategorisieren den Schaden und sperren die besagten Stellen mit rot-weißen Barken oder Warnschildern ab.
30 000 Euro muss die Stadt so jedes Jahr für die provisorischen Reparaturen berappen. Doch auch wenn das Budget einmal überschritten werden sollte, wird die Flickerei - zumindest wenn eine Gefahr vom Schaden ausgeht - nicht eingestellt. Auch weil die Stadt für Straßenschäden haftet (siehe Box).
Zu den Aufgaben der Reparaturkolonnen gehört auch das Aufbessern der Gehwege, um die sich ebenfalls zwei städtische Mitarbeiter kümmern. Dabei sind es vor allem hochgedrückte Gehwegplatten, die von den Mitarbeitern ausgebessert werden. „Auch hier ist es wichtig, dass wir den Schaden vorher sehen und einordnen können, damit wir sofort mit dem richtigen Ersatzmaterial vor Ort sind“, erklärt Pape. Bis Ende April arbeiten seine Mitarbeiter noch auf Hochtouren. Dann, so hofft er, seien die Spuren des Winters allesamt beseitigt.