Vor Betreten des Technischen Rathauses fällt dem Besucher die große Anzeige neben dem Eingangsbereich ins Auge. Sie zeigt jedem Passanten präzise an, wie viel kWh die Photovoltaikanlage an der Südfront des Hochhauses produziert. Konventionelle Räder sowie ein Elektrorad für den Hausgebrauch zur Vermeidung unnötiger Autofahrten warten im Eingangsbereich auf ihre Nutzung durch die städtischen Mitarbeiter.

Ulrike Marx, die ihr Büro im 10. Stockwerk hat, ist Herrin der Statistiken und Zahlen. Sie ist gerade dabei, den Energetischen Stadtentwicklungsplan zu erstellen, ist fast fertig mit ihrer vielschichtigen Aufgabe. „Dieser Plan ist eine Folge unserer Bewerbung für Innovation-City. Die dafür gesammelten Daten sollten auf keinen Fall verloren gehen“, erklärt die Diplom-Geologin der Koordinierungsstelle Klimaschutz. Um Klimaschutz kümmere sich Mülheim schon seit 20 Jahren, nun werden die Daten und Fakten umfassend gebündelt.

„Man kann nicht Netzwerkarbeit betreiben ohne Grundlagen zu schaffen. Zudem müssen wir aus stadtplanerischer Sicht langfristig, in Zeiträumen von 20 bis 30 Jahren, denken.“ Dabei gebe es keine Tabus, aber klare Präferenzen.

So setze Mülheim nicht auf Fern-, sondern Nahwärme, zum Beispiel auf Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Mikro-Blockheizkraftwerke.

Alternative Geothermie

Die Medl betreibe in Broich ein Blockheizkraftwerk und versorge alle Hochhäuser am Hans-Böckler-Platz mit Wärme und Strom aus Gas und Biogas. In einem Ballungsraum mache es Sinn, durch miteinander vernetzte, dezentrale Orte Wärmenetze aufzubauen. In Außenbereichen seien zum Beispiel Geothermie oder eine Holzhackschnitzel-Heizung Alternativen für regenerative Energie. Wichtig sei ein gut ausgebautes Netz, dann könne man sich immer wieder an neue Entwicklungen anpassen, so die Planerin Marx. Die Stadt beziehe regenerative Energie von der Medl. Das Klimaziel der Stadt ist laut Marx klar ­definiert. Bis 2030 soll der CO2 pro Kopf-Verbrauch halbiert sein. Von 12,1 t 1990 konnte er bereits auf 9,8 t im Jahr 2010 gesenkt werden.

„Vom Ziel sind wir allerdings noch weit entfernt. Die Stadt kann natürlich nur mit ihren eigenen Liegenschaften planen und ansonsten die Bürger beraten und planerische Voraussetzungen schaffen“, so Marx. Durch die Energiesparverordnung, die EnEV, sei der Anteil der regenerativen Energie reglementiert. Ein Drittel des städtischen Energieverbrauchs gehe auf Kosten der Industrie, ihre Einsparziele lägen bei 20 Prozent. Da böten Projekte wie Ökoprofit Chancen, diesen Zielen näher zu kommen. Ein weiterer großer Anteil des Energieverbrauchs werde für Wohnen benötigt, auch hier sei das Einsparpotenzial riesig. Vielen Menschen seien die zahlreichen Förderprogramme nicht ausreichend bekannt, deshalb sei „Beratung, Beratung und nochmals Beratung sehr wichtig“, betont Ulrike Marx.