Mülheim. .

Der Trend zur aparten Programmgestaltung setzte sich auch im 6. Sinfoniekonzert fort, das die Göttinger Symphoniker unter ihrem Dirigenten Christoph-Mathias Mueller und der Pianist Cédric Pescia eindrucksvoll gestalteten.

Im ersten Teil zunächst Neues in der Maske des Alten oder, anders ­herum gesehen, gesellschaftlich ­bedingtes Altes in der vielfältigen Brechung durch ein modern-individualistisches Bewusstsein. So taucht Debussy in seinem Schottischen Marsch urtümliche Elemente ­schottischer Musik in einen im­pressionistisch farbigen Klang, formt Benjamin Britten in seinem letzten Orchesterwerk alte englische Melodien zu skurril-verspielten oder auch herb-melancholischen ­Charakterstücken, die sich am Ende im Nichts verlieren: „Es war einmal. . .“

Maurice Ravel, der „Klassiker“ unter den Impressionisten, erwies mit seinem „Le Tombeau de Couperin“ der französischen Musik des 18. Jahrhunderts seine Reverenz, deren klare Linearität er durch die glühende Klangfantasie eines übersensiblen Individualisten zu nostalgischem Leuchten bringt. Gewissermaßen als „interne Zugabe“ wurden nicht nur die von Ravel selbst instrumentierten vier Sätze der ursprünglich sechs gespielt, sondern auch „Fuge“ und „Toccata“ im Satz von Kenneth Hesketh.

Heftig zur Sache kam man dann im zweiten Teil mit Brahms’ zyklopischem d-moll-Konzert, in dem der Pianist Cédric Pescia restlos überzeugen konnte durch spannungsreiches Spiel zwischen den titanischen Ausbrüchen des ersten Themas und den nuancenreichen Kantilenen der lyrischen Gegenkraft, die mitunter wie gebannt vor dem Inferno zu verstummen schien. Durch ein etwas zügigeres Grundtempo ergab sich auch im zweiten Satz die Möglichkeit zu einem stärkeren Spannungsaufbau. Nach dieser Vorgeschichte wird im auftrumpfenden Schlusssatz so etwas wie eine Trotzhaltung spürbar, ein gewisses „Augen zu und durch!“

Nach dem Drama die erlösende Zugabe: Bachs Thema der Goldberg-Variationen, ein tief ausgelotetes „Gespräch der ewigen Harmonie mit sich selbst“(Goethe).