215,76 Euro mehr zum Leben: Darüber können sich künftig Harz IV- und Sozialhilfeempfänger in Mülheim pro Jahr freuen. Zumindest dann, wenn sie bislang zu Unrecht ihre GEZ-Gebühren haben bezahlen müssen. Die Sozialagentur will, nachdem die NRZ über Missstände bei der Beratung berichtet hatte, künftig bei Gesprächen mit ihren Klienten genauer auf das Einsparpotenzial bei der Rundfunkgebühr hinweisen. Bis zu zwei Millionen Euro Gebühren nämlich kassierten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von Gebührenzahlern, die sich eigentlich hätten befreien lassen können, dies aber wohl aus Mangel an Informationen über das Verfahren nicht getan haben.
So ist nun Schluss mit den Zeiten, in denen das Befreiungsformular unter den Massen an Antragsscheinen in den Vorräumen der Büros der Sozialagentur untergegangen ist. Stattdessen liegen die Anträge direkt auf den Schreibtischen der Sachbearbeiter, die angehalten sind, das Thema Rundfunkgebühren in ihren Beratungsgesprächen besonders zu fokussieren: „Jeder, der einen Termin hat, wird von uns gefragt, ob er sich schon hat befreien lassen“, erklärt Matthias Spies, Leiter der Sozialagentur.
Sollten dies noch nicht geschehen sein, sind seine Mitarbeiter angewiesen, diese gemeinsam ausgefüllt und zusammen mit der Harz IV-Bescheinigung an die Landesmedienanstalt NRW zu verschicken. Spies: „Wir können nur die Anträge bereitstellen, für das Befreien ist die zuständige Gebührenstelle verantwortlich.“
Dennoch prüft die Sozialagentur nun, ob sie künftig bei jeder Ausstellung des Sozialhilfebescheides automatisch auch eine vorgefertigte Rundfunkgebührenbefreiung mitliefern kann. Ein verlängerter Aufenthalt in der Behörde könnte dann erspart bleiben.
Überdies kann die Befreiung von der Rundfunkgebühr nur bedingt rückwirkend vollzogen werden. Menschen, die schon seit Jahren von Sozialleistungen leben, können die bereits zu Unrecht bezahlten Beiträge nicht zurückerstattet bekommen (siehe Kasten), sich aber nach §4 Absatz 4 des Staatsvertrags bis zu drei Monate rückwirkend von der Gebühr befreien lassen oder eine schon geleistete Quartalszahlung zurückfordern. Wichtig ist dabei das Ausstellungsdatum beispielsweise des Harz IV-Bescheides, von dem an zwei Monate Zeit bleiben, sich (gerne auch mit Unterstützung der Sozialagentur) bei der Einzugszentrale zu melden. Gleiches gilt im Übrigen auch für BAföG-Bescheide oder Bescheinigungen über eine Behinderung, die nach §4 Absatz 1 ebenfalls zur Beitragsbefreiung herangezogen werden können.