Lange Warteschlangen, verärgerte Kunden und gestresste Mitarbeiter. Das ist in der Postbankfiliale am Hauptbahnhof, die die Mülheimer nur als Hauptpost kennen, derzeit an der Tagesordnung. „Ich habe am Montag zwischen 10.30 Uhr und 11 Uhr in der Warteschlange gestanden. Die Leute standen zum Teil bis in den Vorraum der Filiale. Zunächst waren nur zwei von neun Schaltern geöffnet. Nach zehn Minuten haben die ersten Kunden protestiert und es wurde ein dritter Schalter geöffnet. Viele Kunden mussten ihre Pakete abstellen, weil sie diese so lange nicht halten konnten“, schildert Postbankkundin und NRZ-Leserin Christel Hübner ihre jüngste Erfahrung vor dem Postbankschalter.
Geduld und Stehvermögen
Die NRZ, die erst im Januar rund um den Kundenansturm auf die neue Drei-Cent-Briefmarke über lange Warteschlangen in der Postbank am Hauptbahnhof berichtete, machte sich gestern zwischen 14 und 15 Uhr ein eigenes Bild. Diesmal waren drei von neun Schaltern besetzt. Die Kunden standen nicht bis in den Vorraum der Filiale hinein, berichteten aber von Wartezeiten zwischen zehn und 15 Minuten. „Ich habe keine Lust so lange zu warten. Ich versuche es lieber noch mal morgen um acht Uhr. Vielleicht ist dann hier weniger los“, meinte eine Kundin, die sich resigniert von der Warteschlange abwandte.
Das Rentnerehepaar Paul und Renate Hagewiesche hatte mehr Ausdauer und Zeit. Aber auch sie wissen zu berichten: „Fürs Paket holen geht ganz schön Zeit drauf. Und um den Monatswechsel stehen die Leute auch schon mal bis draußen.“ Postbankkunde Lothar Erward sagt: „Die Mitarbeiter sind hier immer freundlich, aber man muss Wartezeit mitbringen.“ Kunde Bernd Gobbers rät der Postbank „mehr Personal einzustellen oder die Filiale kleiner zu machen.“ Nicht nur Kundin Brunhilde Petersmann weiß, „dass hier um die Mittagszeit immer mehr zu tun ist“ und man länger warten muss.
Während sie allen Warteschlangen zum Trotz Post und Postbank die Treue halten will, „weil man sich an das hält, was man aus alten Zeiten kennt“, könnte sich Lucia Richard auch vorstellen, zu einem Mitbewerber zu wechseln. Denkbar wäre das für sie, „wenn er eine zentrale Anlaufstelle hätte und einen konstant guten Service bieten würde.“
Diesen Mitbewerber gibt es unweit der Postbankfiliale am Hauptbahnhof, zumindest, was den Paket- und Päckchenversand betrifft. Denn auch die Paketstelle des Hermes-Versands befindet sich am Hauptbahnhof. „Zu uns kommen pro Monat etwa 20 verärgerte Post- und Postbankkunden herüber, die keine Lust mehr haben, in der Warteschlange zu stehen“, weiß der Mitarbeiter der Paketstelle, Patrick Olejak, zu berichten.
Bleibt die Frage, warum die Postbank ihre Kunden in der Filiale am Hauptbahnhof so lange warten lässt und so möglichen Konkurrenten zuarbeitet?
Die NRZ hakt bei der Postbank nach. „Die Antwort lautet ganz einfach Grippewelle“, betont Presssprecherin Iris Laduch-Reichelt. Sie berichtet von Krankenständen, die in der Spitze bei 60 Prozent lägen. Das führe auch dazu, „dass wir einige Mitarbeiter aus größeren Filialen abziehen müssen, um unsere Dienstleistung in kleineren Filialen aufrechtzuerhalten und diese nicht ganz schließen zu müssen.“
Die Vermutung, die zahlreich geschlossenen Postbankschalter hätten vielleicht mit Personalabbau zu tun, weist Laduch-Reichelt entschieden zurück. „Wir messen unsere Kundenströme genau und versuchen so unsere Mitarbeiter möglichst effizient einzusetzen“, betont die Postbanksprecherin. Doch derzeit sieht sie die Mitarbeiter der Postbankfiliale am Hauptbahnhof „durch die Verkettung unglücklicher Umstände“ stark belastet. Dazu zählt sie neben der Grippewelle auch den Ansturm auf die Drei-Cent-Briefmarken, dem bereits die erhöhte Kundenfrequenz vor Weihnachten und um den Jahreswechsel vorangegangen sei.
„Unser Ziel ist es, dass 95 Prozent unserer Kunden spätestens nach fünf Minuten Wartezeit am Schalter fertig sind“, unterstreicht die Postbank-Sprecherin. Sie hofft, dass dieses Ziel nach dem Ende der Grippewelle wieder erreicht werden kann und zumindest in den Hauptstoßzeiten, etwa am Samstagvormittag, mittags und am frühen Abend wieder sieben oder acht von neun Schaltern in der Postbankfiliale am Hauptbahnhof besetzt sein werden. Doch NRZ-Leserin und Postbankkundin Christel Hübner fragt sich aber schon jetzt: „Wie wird das wohl in der Urlaubszeit werden?“