Seinem Arbeitgeber widersprechen, das tut niemand gerne. Und dessen Arbeitsbilanz auch noch nach unten korrigieren zu müssen, noch viel weniger. Doch Frank Kawelovski, Hauptkommissar und Kriminologe, tat dies jüngst: Nicht mehr als drei Prozent aller Einbrecher werden letztlich auch rechtskräftig verurteilt und nicht wie die Polizeipräsidien gerne suggerieren, acht bis 19 Prozent (NRZ berichtete). Umso erstaunlicher sind die Ergebnisse für Mülheim, die der Polizist in seiner Masterarbeit über Einbruchskriminalität in seiner Heimatstadt, Oberhausen und Wesel an der Ruhr-Universität-Bochum ermittelte: 2009 war Mülheim mit 465 Fällen auf 100 000 Einwohnern zusammen mit Bremen (531) Spitzenreiter bei den Einbruchsdelikten - das ist nicht neu - doch immerhin in 5,4 Prozent der Fälle kamen die Einbrecher dann auch hinter Schloss und Riegel.
„Es war ein gutes Jahr für die Polizei“, resümiert Kawelovski daher. Diese positiven Werte lagen vor allem an der Festnahme einer professionellen Täterbande aus Serbien, erklärt Kawelovski. Diese operierte 2009 in Mülheim. Eine ganze Schar an Delikten ging auf ihr Konto. „Nach deren Verurteilung lässt sich ein rapider Abfall an Einbrüchen erkennen“, so der Wissenschaftler weiter. 2010 und 2011 lag Mülheim somit wieder im NRW-Schnitt von 300 Fällen.
Für seine von der RUB als beste Abschlussleistung prämierte Arbeit hat der Polizist sich knapp 1900 Einbruchsakten aus dem Jahr 2009 vorgenommen. „Und jene analysiert, die von der Polizei als ‘aufgeklärt’ geführt wurden“, so der 52-Jährige. Als solche gelten Diebstähle, wenn die Polizei Hinweise auf einen Tatverdächtigen ermitteln konnte. Eine trügerische Zahl, 287 Fälle davon waren es in Mülheim, so der Kriminologe weiter. Denn: Selbst von diesen stellte die Staatsanwaltschaft noch einen Großteil ein. 44 Fälle gingen letztendlich noch vor die Richter, in 42 Fällen wurde eine Verurteilung ausgesprochen. „Die Juristen prüfen natürlich vorher genau, ob eine Verurteilung möglich ist, und nur dann wird tatsächlich Anklage erhoben.“ So wurden 2009 knapp 50 Täter verurteilt. Ein Erfolg für die Polizei, wie Kawelovski noch einmal betont.
Warum sich Einbrecher, zumindest die der professionellen Sorte, in Mülheim ähnlich wie in ganz NRW nur wenig Sorgen machen müssen, geschnappt zu werden, hat der Kriminologe ebenfalls ermittelt: „Die Täter wissen, wie man Spuren vermeidet“. Er meint damit besonders jene osteuropäischen Einbrecher, die seit Jahren den Großteil aller Einbrecher ausmachen (zum Vergleich: 31 Prozent der Einbrüche werden von Deutschen verübt). Fingerabdrücke oder DNA-Reste sucht man daher an Mülheimer Tatorten meist vergeblich (siehe Kasten). Dazu komme, dass die Profis immer nur das gestehen würden, bei dem sie ertappt wurden. „Ihre Komplizen verpfeifen oder gar andere Straftaten wegen einer erhofften Strafmilderung zugeben, ist bei ihnen selten der Fall“, berichtet der Polizist.
So sind es bei 40 Prozent der aufgedeckten Taten eine vollkommen andere Verbrechergruppe, die verurteilt werden: Täter, die beim Einbruch in einer Beziehung mit ihrem Opfer stehen: Kawelovski: „Drogensüchtige Kinder bei ihren Eltern, oder zerstrittene Partner. Diese agieren bei Einbrüchen unvorsichtig, hinterlassen daher auch Spuren. So ist es für die Polizei leichter sie am Ende zu überführen.“ In den absoluten Einbruchszahlen aber, nimmt diese Gruppe einen viel kleineren Anteil ein.
69% der Einbrüche werden in Mülheim von der Spurensicherung untersucht. Weit mehr als der Landesschnitt von 50 Prozent. Allerdings nicht mit großem Erfolg: Lediglich in 0,7 Prozent der Fälle werden verwertbare Fingerabdrücke und in 1,4 Prozent DNA-Spuren eines möglichen Täters entdeckt.