„Als nachts bei einem Gewitter der Strom ausfiel, musste der Arzt den Kaiserschnitt beim Licht seines Handys durchführen“, erzählt Dr. Andrea Schmidt, Chefärztin der Frauenklinik des Evangelischen Krankenhauses. Kürzlich ist sie von einer einwöchigen Reise zum ELCT Nyakahanga Hospital in Tansania zurückgekehrt. „Ich fahre bestimmt wieder hin!“
Die Partnerschaft der Krankenhäuser besteht nun seit fast fünf Jahren. „Viele persönliche Beziehungen sind entstanden, und das ist das Wesentliche“, meint Oberin Doris Horn. Die Initiatorin des kulturellen und medizinischen Austausches war bereits zum wiederholten Mal in Nyakahanga.
Improvisationskunst ist ganz wichtig in dem Hospital, das 2012 sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat. „Unsere Methoden lassen sich nicht eins zu eins übertragen. Das geht gar nicht“, hat Dr. Andrea Schmidt festgestellt. „Man gerät leicht in die Rolle des Besserwissers. Die Möglichkeiten dort sind völlig anders.“ Ein Beispiel: Ertastet die Gynäkologin einen Knoten in der Brust, setzt sie zu Hause Ultraschall ein und führt eventuell eine Gewebeentnahme durch. „Das geht dort nicht. Was tun? Jeden Knoten operieren? Wer führt dann die Histologie durch? Wer trägt die Kosten? Es ist ganz wichtig, bei dem Vorgehen die Kollegen aus Nyakahanga mit ins Boot zu nehmen.“ Oberin Doris Horn fügt an: „In den fünf Jahren haben wir ein echtes Vertrauensverhältnis aufgebaut und können inzwischen sehr offen und auf Augenhöhe miteinander beraten.“
Keinerlei Berührungsängste
Großes Interesse zeigten Mitarbeiterinnen und Patientinnen an der Tastuntersuchung der Brust. „Sie standen bei mir Schlange und waren wissbegierig“, berichtet Dr. Schmidt. „Es gab keinerlei Berührungsängste.“ Die medizinische Beratung und Unterstützung soll auch zukünftig einer der Schwerpunkt des Austausches sein. „Wir evaluieren den Partnerschaftsvertrag nach fünf Jahren und setzen uns dann auch neue Ziele“, erläutert Oberin Horn. „Die Kooperation geht nahtlos weiter.“ Ein neues Ziel ist, beim Aufbau eines Bildungszentrums für Berufe im Gesundheitswesen beratend und tatkräftig zu unterstützen.
Ein Ereignis der Reise nach Ostafrika war die Einweihung des zweiten 60 000-Liter-Wassertanks. Sie garantieren dem Hospital eine unabhängige Wasserversorgung. Beide Tanks sind mit Hilfe aus Deutschland finanziert und errichtet worden.
Die deutschen „Tugenden“ Eile und Perfektionismus sind in Ostafrika da fehl am Platz. „Ich habe“ , sagt Chefärztin Dr. Andrea Schmidt, „tiefsten Respekt davor, wie Ärzte, Pflegende und Patienten dort mit Krankheiten und den beschränkten Behandlungsmöglichkeiten umgehen.“