Mülheim. .
Seit den Städten das Geld ausgeht, Einrichtungen aufgegeben, Projekte aufgeschoben und Zeiten eingeschränkt werden müssen, sind Bürgervereine mehr denn je gefragt, stellt der Vorsitzende des Selbecker Bürgervereins, Rolf Gentges, fest.
Schlecht sei das nicht, im Gegenteil. „Als Bürgervereine wissen wir, was die Menschen bewegt, was vor Ort erforderlich ist.“ So hat der Bürgerverein in Mülheims kleinstem Stadtteil zum Beispiel das Aus des Bücherbusses durch eine eigene Stadtteil-Bücherei kompensiert, damit Bildung auch im südlichsten Zipfel der Stadt beim Bürger bleibt.
Ausdrücklich lobt Gentges beim Jahresempfang der Bürgervereine Links der Ruhr im Saal von St. Theresia von Avila die Stadtteilkonferenzen der Stadt mit den Bürgern. „Wir wissen natürlich, dass wir nicht jedes Problem beseitigen können“, aber abmildern, das gehe schon. Beispiel Kölner Straße. Die Hauptverkehrsader von und zur A 52 durchkreuzt den Stadtteil, macht die Übergänge gerade für Kinder gefährlich, vor allem wenn Autofahrer von der Autobahn kommen und noch zu schnell sind. Tempo-Reduzierung im Dorf liegt den Selbeckern am Herzen, dafür treten sie ein.
Wie wichtig es ist, lokales Engagement auch über die Stadtteilgrenzen zu tragen und möglichst viele Verbündete zu bekommen, macht der Vorsitzende am Beispiel des Frackings, der Erdgasförderung mit Hilfe von gefährlichen Chemikalien, deutlich. Hier haben sich die Bürgervereine der Stadt mit den Umweltverbänden, den Kirchen und dem Mülheimer Unternehmertreff zu einem großen Bündnis zusammengeschlossen, das aufklärt, vor Risiken warnt und zur Wachsamkeit mahnt. Auch wenn es derzeit als unwahrscheinlich gilt – im Mülheimer Süden könnte eines Tages jenes Fracking möglich werden.
Wichtiges Bindeglied
Gentges hält es für wichtig, dass sich die Menschen vor Ort einbringen. Er versteht die Bürgervereine als wichtiges Bindeglied zwischen den Menschen vor Ort und den Parteien sowie der Stadtverwaltung auf der anderen Seite. Ein Plädoyer für die „feste und gute Nachbarschaft“ hält Bezirksbürgermeister Gerhard Allzeit. „Allen elektronischen Medien zum Trotz ist das persönliche Gespräch nach wie vor die beste Inspirationsquelle.“
Nirgendwo sonst könnten Politiker so ungeschminkt Sorgen, Wünsche und Ideen der Bürger erfahren. Der Anstoß für Veränderungen gehe, so Allzeit, oft vom Bürger aus. Eine intakte Stadtgesellschaft, so der Bezirksbürgermeister, dürfe dabei nie das Interesse Einzelner in den Vordergrund stellen, sondern müsse stets die Verantwortung fürs Ganze tragen.