Holthausen. .

Ein kleines Stückchen Mülheim hat schon für große Aufregung gesorgt. Die Neugestaltung des ehemaligen Exerzierplatzes im Wohncarree Witthausbusch beschäftigte vor allem die Anwohner, bei zwei Bürgerversammlungen wurde hitzig debattiert (wir berichteten). Jetzt diskutierten auch die Politiker in der Bezirksvertretung 1 über die beiden von der Verwaltung vorgelegten Entwürfe. Kontrovers. Mit einem Ergebnis, das dem Bürgerwillen nicht entspricht.

Zur Erinnerung: Nach einer ersten Bürgerversammlung im Oktober 2012 hatte die Verwaltung – basierend auf den Ideen der Anwohner und gebunden an die zur Verfügung stehenden 266 000 Euro – zwei Planungsentwürfe für das Areal erarbeitet. In einer zweiten Veranstaltung wurden die Variante „Steppenheide“ (A) und die Variante „Union Jack“ (B) am 15. Januar 74 anwesenden Bürgern vorgestellt. 71 von ihnen sprachen sich letztlich für den Entwurf „Steppenheide“ aus, der eine baumsteppenartige Hügellandschaft mit leicht verschlungenen Wegen vorsieht. Bewusst lehnte man Fahrradständer ab und ließ sich nur murrend auf zwei zweisitzige Bänke ein. Es solle ja kein Fremder eingeladen werden, im Carree zu verweilen . . .

„Erschreckt“ sei man über das egoistische Denken einiger Anwohner, erklärte u.a. Peter Pickert (SPD), die BV müsse bei ihren Beschlüssen an alle Mülheimer denken. Beide Planungsentwürfe, die sich laut Verwaltung in punkto Anlage, Bepflanzung, Pflege und Kosten kaum unterscheiden, erschienen dem Gremium akzeptabel, bei der abschließenden Abstimmung votierte man aber mehrheitlich für die Lösung „Union Jack“. Bei dieser Variante B wird das Wegenetz so gestaltet, dass die Gesamtfläche – von oben betrachtet – wie die britischen Nationalflagge aussieht.

„Der Union Jack ist eine geometrische Lösung, die daher zur Gesamtgestaltung des Kasernengeländes passt und die zudem auf die Geschichte anspielt“, hatte Peter Pickert (SPD) zuvor erklärt. Auch Arne-Björn Brinken (CDU) fand diesen Entwurf „pfiffiger“ und Joachim Hoffmann (FDP) fand: „Wir sollten diese Lösung wählen, weil sie die historische Bedeutung des Geländes deutlich macht.“ Zudem sei sie klarer und übersichtlicher.

Anders argumentierte Eva-Annette Klövekorn (MBI): „Beide Modelle sind vertretbar. Wir sollten den Wunsch der Bürger respektieren.“ Darum bat auch Alfred Krüger (Bündnis 90/Grüne). Mit elf Ja-Stimmen, vier Nein-Stimmen und drei Enthaltungen favorisierte die BV 1 aber den Entwurf „Union Jack“, das letzte Wort hat der Planungsausschuss am 19. Februar. „Wir sind dem Bürger-Votum nicht gefolgt. Ob das so gut ist?“, fragte Bezirksbürgermeister Arnold Fessen (CDU) anschließend in die Runde. Alfred Krüger glaubt: „Die Bürger werden sich das merken.“

Kommentar

Wer Bürgerbeteiligung wünscht, der sollte die Bürger am Ende nicht vor den Kopf stoßen. Sicher gab es unter den Teilnehmern der Bürgerversammlungen einige, die nur ureigenste Interessen durchsetzen wollten und mit Forderungen und Formulierungen weit über das Ziel hinausschossen. Dennoch: Das Votum für die Variante „Steppenheide“ war sehr deutlich und von der „gemäßigten Mehrheit“ getragen. Es werden vor allem wohl diese Anwohner sein, die die Grünfläche künftig nutzen. Was andere Mülheimer zum Thema denken, weiß auch die Politik nicht. Beide Entwürfe sind ähnlich konzipiert und ähnlich gut umzusetzen. Nur das Erscheinungsbild ist etwas anders. Die Politik hat hier nach eigenem persönlichen Geschmack entschieden und die Chance verpasst, den Bürgern zu signalisieren, dass ihre Wünsche auch zählen.