Viele Schüler haben Probleme, sich nach ihrem Abschluss an die neue Lebenssituation zu gewöhnen. Das bekannte Umfeld bricht weg, Arbeitszeiten ändern sich, ebenso wie die Personen mit denen man täglich zu tun hat. Damit dieser Übergang zwischen Schule und Beruf leichter fällt, hat das Centrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE) das Projekt „Ausbildungspaten für Mülheim“ ins Leben gerufen. Dabei begleiten Freiwillige Haupt- und Realschüler auf ihrem Weg ins Berufsleben, bieten Hilfestellung und geben ihre Lebenserfahrung weiter. Damit unterscheidet sich das Angebot zwar von dem des U25-Hauses, doch als Konkurrenz sehen sich die beiden Einrichtungen nicht. Im Gegenteil: „Das ist eine wertvolle Ergänzung“, so Britta Russak, Leiterin des Hauses.

Und so funktioniert das Patenprogramm: „Die Schüler und die Paten lernen sich in den Osterferien kennen“, sagt Katharina Wehner, von dem CBE. „Wir haben an jeder Schule einen Lehrer, der die Schüler mit dem Projekt bekannt macht.“ Sie selbst stelle das Projekt in den Schulen dann noch einmal zusätzlich vor. Interessierte Schüler können sich danach bei ihr melden und müssen einen Profilbogen ausfüllen. „Danach machen wir mit den potentiellen Paten und den Jugendlichen eine Art Speed-Dating“, so Wehner. Das heißt: In drei- bis fünfminütigen Gesprächen können sich beide Parteien erst einmal beschnuppern, danach werden die Gesprächspartner gewechselt. Im Anschluss bewerten beide Seiten ihre jeweiligen Gespräche. „Aufgrund dieser Gespräche bilden wir die Tandems aus Paten und Schülern“, erklärt die CBE-Mitarbeiterin und ergänzt: „Wenn die Tandems feststehen, müssen beide eine Patenschaftszusage schreiben.“ Darin steht dann, was der eine vom anderen erwartet und in welche Richtung sich die Patenschaft entwickeln soll. Darüber hinaus gibt es noch eine Stadtrallye gegen andere Teams, bei der die Teilnehmer sich besser kennenlernen können.

Vorgesehen sind regelmäßige Treffen. Katharina Wehner: „Am Anfang sollte es schon einmal pro Woche sein, damit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann.“ Wichtig sei es, dass die Arbeit der Paten auch über die rein berufliche Ebene hinaus geht. „Man braucht dafür ein offenes Ohr für alle Probleme des täglichen Lebens“, so Wehner. „Schließlich arbeitet man mit Jugendlichen zusammen und das ist oft nicht einfach.“ Ängste, Beziehungsprobleme oder Streit mit den Eltern – all das sind Themen, derer sich die Paten annehmen müssen. „Sie sollten auch ein grundsätzliches Interesse am Werdegang haben.“

Vertrauensperson

Der Vorteil, den sie bei diesem Projekt sieht, ist die persönliche Betreuung, die die Schüler über einen längeren Zeitraum bekommen. „Die Paten müssen mindestens bis zum Ende des ersten Ausbildungsjahres dabei bleiben“, so Wehner. „Das ist für die Stabilität der Jugendlichen wichtig: Wenn die Schule vorbei ist und vertraute Personen wie Lehrer oder Mitschüler wegfallen, bleibt eine Person übrig, die die Jugendlichen kennen.“

Die Motivation, einen jungen Menschen zu unterstützen, sei bei allen eine andere: „Manche hätten sich in ihrer Jugend jemanden gewünscht, der sie auf den richtigen Weg bringt und möchten Jugendlichen nun diese Chance geben“, sagt Katharina Wehner. Andere wiederum hätten genau diese Erfahrung gemacht und möchten nun selbst jemandem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und wieder andere haben einfach Spaß daran, ihr Wissen weiterzugeben.

In wenigen Fällen betreuen die Paten des CBE auch Jugendliche des U25-Hauses. „Wenn wir einen Jugendlichen haben, der Unterstützung im familiären Bereich benötigt, dann wenden wir uns an das Centrum“, so Britta Russak. Denn oft würden Ausbildungen nicht begonnen, weil es familiäre Probleme gibt. „Da können wir allerdings nicht helfen, wir bieten eher berufsorientierte Begleitung an.“ Das liegt daran, dass die Mitarbeiter der U25-Einrichtung für viele Jugendliche gleichzeitig zuständig sind. Die CBE-Paten dagegen haben laut Russak „einen viel engeren Kontakt“ zu den Jugendlichen und können dadurch auch tiefer eingreifen. „Aus diesem Grund verstehen wir das Patenprogramm als Ergänzung, nicht als Konkurrenz.“ Überhaupt findet sie, dass „alle Förderprogramme zu gebrauchen sind. Man muss sie nur auf vernünftige Weise kombinieren“.