Die Berliner Sprachmelodie klingt noch ein bisschen durch, wenn Lise Wolle im Gespräch gestenreich und quirlig durchs Thema galoppiert. In Falk Richters „Verstörung“ stand sie bereits in Mülheim auf der Bühne. Und in der neuen Produktion von „copy & waste“ im Ringlokschuppen ist sie auch wieder dabei.

Sie sind in Ost-Berlin geboren. Als die Mauer fiel, waren Sie ein Kleinkind. Haben Sie die Veränderungen irgendwie mitbekommen?

Ich war damals noch ein Kind. Aber da meine Eltern sehr engagiert im Wendegeschehen waren, wirkte das sehr in unseren Alltag rein. Mein Vater (Stefan Wolle) engagierte sich für die Bürgerbewegung „Neues Forum“. Er ist auch Historiker und arbeitet viel zur Alltagsgeschichte in der DDR. Das war schon oft Thema bei uns Zuhause.

Sie studierten an der Folkwang-Uni in Essen Schauspiel. Und ab der nächsten Spielzeit haben Sie ein Engagement am Theater Oberhausen in der Tasche. Ist das so etwas wie ein Lottogewinn?Ja, ich habe einen Festvertrag und vor allem an einem Haus, das ich mag. Für mich ist es natürlich super, weil ich jetzt eine Chance bekommen habe. Ich war dort Gast in zwei Stücken und konnte das Haus kennen lernen und gucken, wie wir miteinander ticken. Es hat mir super gefallen – vom ersten Moment an. Dort hinzukommen und trotzdem noch die Möglichkeit zu haben, eine Produktion wie die in Mülheim mit einer freien Gruppe zu machen, wo noch einmal ein anderer Geist weht und die Arbeitsweisen anders sind. Die Vielfältigkeit eben – das finde ich ganz cool.

Gibt es Figuren und Rollen, die Sie sehr gerne spielen?

Die Sachen, die mir am meisten Spaß gemacht haben, waren eigentlich die, von denen ich dachte, dass es gar nicht mein Ding ist. Bei „Frühlingserwachen“ war es beispielsweise so, dass ich die Wendla, 14 Jahre, ganz und gar Mädchen, gespielt habe. Ich dachte anfangs, das kann ich doch gar nicht. Aber dann war es doch so, wenn man Stück für Stück mit dem Regisseur zusammen herausfindet, was in einem steckt, sind es dann doch die Rollen, die mir am meisten Spaß machen.

Wie fühlt sich das an, von Berlin ins Ruhrgebiet zu kommen?

Ich hab’s die ersten Jahre richtig gehasst. Mir ging es überhaupt nicht gut. Aber ich glaube, das hing auch damit zusammen, dass man auf die Schauspielschule kommt und es egal ist, wo man sich überhaupt befindet. Man lebt dort zwölf Stunden am Tag in einem eigenen Mikrokosmos. Man ist den ganzen Tag an der Hochschule und hat wenig Zeit, mal rauszugehen oder andere Leute kennen zu lernen.

Und ist es jetzt besser geworden?Ja, Stück für Stück haben wir uns angefreundet – das Ruhrgebiet und ich. Wirklich geplatzt ist der Knoten erst nach der Hochschule. Als ich hier angefangen habe in Mülheim und Oberhausen. Dann lernt man plötzlich viel mehr Leute kennen. Mit der Arbeit fing dann das Leben an. Also jetzt kann ich mir vorstellen, dass das Ruhrgebiet ein Zuhause für mich wird.

Wo wohnen Sie?

Ich vagabundiere gerade noch in den Künstlerwohnungen. Jetzt in Mülheim, davor in Essen, weil ich dort auch noch ein Gastspiel am Schauspielhaus hatte. Aber ich habe auch noch eine Wohnung in Berlin. Zwischen den Produktionen pendele ich immer hin und her. Nach dem Diplom wollte ich hier weg, habe sofort meine Wohnung gekündigt. Aber es hat mich doch immer wieder ins Ruhrgebiet zurückgezogen. Jetzt bin ich ganz froh drum.