Am Sonntag wird den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Für eine Völkergruppe, die noch immer nicht im kollektiven Gedächtnis verwurzelt ist, setzt sich Moritz Pankok von jeher ein: für die Sinti und Roma. Eine halbe Million Sinti und Roma fiel dem Rassenwahn der Nazis zum Opfer. An Verfolgung und Völkermord erinnert nun eine Gedenkstätte in Berlin, die im Oktober 2012 eingeweiht wurde.

Das schwarze Wasser

Ein kritisches Buch über den schwierigen Prozess, der über 20 Jahre ging, bis das Denkmal fertiggestellt war, hat Pankok gemeinsam mit Lith Bahlmann und Matthias Reichelt bei der Edition Braus Berlin unter dem Titel „O Kalo Phani“ (das schwarze Wasser) herausgebracht. Von einem „verschleppten Denkmal“, spricht Pankok: „Es ist skandalös, dass es vom deutschen Staat immer wieder verschoben wurde.“ Auch eine geplante Ausstellung dazu sei abgesagt worden. Die Sinti und Roma waren schon im Schaffen seines Großonkels von Bedeutung. Otto Pankok teilte mit vielen anderen während der Nazi-Diktatur das Schicksal der verfemten Künstler. „Die ,Zigeunerbilder’ sind ein wichtiger Zyklus in seinem Schaffen gewesen“, betont Moritz Pankok. In den 1930er Jahren hatte Otto Pankok zahlreiche Sinti und Roma in Düsseldorf porträtiert. „Von den ganzen Menschen haben nur zwei überlebt.“ Zu den Modellen gehörte auch das Sinti-Mädchen „Ehra“. An sie erinnert eine Plastik an der Düsseldorfer Straße in Saarn. Und erst kürzlich fand man heraus, dass es sich um Ehra Reinhardt aus der berühmten Musiker-Familie handelt. Die Erkenntnisse, die Moritz Pankok durch das Werk seines Großonkels gewonnen hat, was dieser Völkergruppe widerfahren ist und das Bemühen um Wiedergutmachung, haben auch ihn geprägt, sich beharrlich für die Sinti und Roma einzusetzen. Mit zahlreichen Projekten. Wie für das Roma-Theater Pralipe, das zunächst am Raffelberg eine Heimat fand, 2004 nach Köln ging und schließlich in Konkurs.

Aktuell pendelt der Künstler, Bühnenbildner und Regisseur zwischen Mülheim und Berlin. In der Bundeshauptstadt hat er die Galerie Kai Dikhas (Ort des Sehens) mit zeitgenössischer Roma-Kunst aufgebaut – eine Nische, die in der internationalen Kulturszene langsam ein Begriff wird. Im schmucken 17 000 qm-Gebäude, dem Aufbau Haus, einem neuen Kreativ-Zentrum am Moritzplatz in Kreuzberg, ist er Leiter des „Theater Aufbau Kreuzberg“ (TAT). Dort hat er eines der letzten Stücke des syrischen Autors Sadallah Wannus inszeniert. „Ein schöner Erfolg“, sagt Pankok und würde sich freuen, „wenn das Theaterstück den Weg nach Mülheim finden würde“.