Mülheim. Bürger und Initiativen in Mülheim fühlen sich überrumpelt. In der Endfassung zum Leitbild wird der Flughafen als “Gewinn für die Stadtteile“ dargestellt. Von Kritik, die in der Debatte zur Leitbild-Entwicklung am Flughafen aufkam, ist nichts mehr zu Lesen.

Der Unmut ließ nicht lange auf sich warten. Bürger wie auch Initiativen, die sich an der Debatte zur Leitbild-Entwicklung für Mülheim beteiligt hatten, fühlen sich im Nachhinein überrumpelt, ausgetrickst. Der Streit dreht sich um den Verkehrslandeplatz. Dieser wird in der Endfassung zum Leitbild, die der Politik zur Abstimmung vorliegt, als „Gewinn für die Stadtteile“ dargestellt, als Stärke. Davon, dass es bei der Diskussion über Stärken und Schwächen auch eine Menge an Kritik am Flughafen gab, ist nichts mehr zu lesen.

„Es ist aus meiner Sicht sehr irritierend, dass die Diskussionspunkte, bei denen vorwiegend negative Beurteilungen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Entwicklungstendenzen und Ökologie formuliert wurden, im veröffentlichten Leitbild ausgefiltert werden und ein bisher bekanntes Wunschbild aus Teilen der Wirtschaft eingebunden wird“, beklagt Waldemar Nowack, Sprecher der Initiative gegen Fluglärm.

Nicht wesentlich anders äußert sich Reiner Fuchs von der Schutzgemeinschaft Fluglärm: „Der jetzt vorgelegte Entwurf des Leitbildes spiegelt in unseren Augen in keiner Weise das Ergebnis der Arbeitsgruppen wider. Das Gegenteil ist der Fall: Direkt im dritten Absatz wird der Flughafen als Stärke für Mülheim bezeichnet. Viel schlimmer ist noch das potenzielle Ziel, den Flughafen erhalten zu wollen und zu erweitern, so wie es als ein Ziel für die Wirtschaft formuliert ist.“

Verwunderung über potentielle Flughafenerweiterung

Die Schutzgemeinschaft verweist auf die Umweltbelastungen durch den Flughafen Essen/Mülheim auch über dem Essener Stadtgebiet hin. „Der große Unmut der Bevölkerung über die aktuellen Hubschrauberflüge zeigt, dass dieser Flughafen keinerlei Akzeptanz hat“, so Fuchs. Verwunderung äußern auch andere deshalb, weil der Flughafen, so der Beschluss der drei Gesellschafter Mülheim, Essen und Land NRW, aufgegeben werden soll. „Der Flughafen hat keinerlei Planrechtfertigung für eine potenzielle Erweiterung und selbst die Beibehaltung des Status Quo ist aus objektiver Sicht vakant“, sagt Fuchs. Vor diesem Hintergrund sei es mehr als erstaunlich, dass die Stadt Mülheim ohne Rücksicht auf die Nachbarschaft ihre Ziele formuliere. „Das ist Kirchturmpolitik in Reinkultur.“

Unter der Rubrik „Wirtschaft“ im Leitbild wird als Ziel genannt: „den Flughafen erhalten und weiterentwickeln“. Allerdings wird auch die Gegenposition hier aufgeführt: „schließen und stattdessen hochwertige Gewerbeflächen schaffen“. Nur das Letztere halten die Kritiker nach der aktuellen politischen Beschlusslage für realistisch.

Nowack geht einen Schritt weiter und äußert den Verdacht, hier könnte die Wirtschaft, die den Leitbild-Prozess finanziell gefördert hat, am Ende Einfluss genommen haben.