Per DNA-Analyse werden täglich Vergewaltiger und Mörder, Einbrecher und Räuber überführt. Der „genetische Fingerabdruck” beweist: Der Mensch, zu dem er gehört, war an dem Ort, an dem das Verbrechen geschah
Wenn die Polizei nach einem Gewaltverbrechen irgendwo in der Republik zum (freiwilligen) Massen-Gentest aufruft, ist die DNA-Analyse wieder ein Thema an den Stammtischen. Doch das molekularbiologische Verfahren überführt tagtäglich – und zumeist wenig spektakulär – nicht nur Vergewaltiger und Mörder, sondern auch Einbrecher und Räuber.
Der so genannte „genetische Fingerabdruck” weist zweifelsfrei nach, dass der Mensch, zu dem er gehört, an dem Ort war, an dem das Verbrechen geschah. Für dieses individuelle DNA-Profil – die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen dasselbe haben, liegt bei 1 zu 500 Millionen – werden kleine, sich wiederholende Abschnitte im Erbgut mit einer anderen Probe mit der DNA dieser Person verglichen.
Ungeklärter Mord
„Die DNA-Analyse,” sagt Jürgen Achterfeld, seit 30 Jahren Ermittler an der Ruhr, „war für uns ein Quantensprung”. Das Verfahren wird irgendwann für die Lösung des einzigen ungeklärten Mordes in Mülheim sorgen, ist der Erste Kriminalhauptkommissar überzeugt. Bevor der Friseurmeister Günter K. (63) am 19. Januar 1991 in seiner Wohnung an der Leineweberstraße umgebracht und beraubt wurde, hatte er mit seinem mutmaßlichen Mörder getrunken und geraucht. Und die Polizei hat nicht nur die Fingerabdrücke des Täters gesichert, sondern auch seine DNA. „In diesem Fall war die Spurenlage fantastisch,” sagt Achterfeld.
Man könnte auch sagen, die Polizei weiß, wer der Täter ist, aber noch nicht, wie er heißt.
Damals war die DNA-Analyse kein Bestandteil der Ermittlungsarbeit: „'91 konnten wir mit der DNA noch nichts anfangen”, erklärt Achterfeld. Das hat sich gewaltig geändert.
Geringste Spuren reichen aus
In den Laboratorien des Landeskriminalamts (LKA) können geringste Spuren der DNA, die in allen Körperflüssigkeiten vorkommt, analysiert werden. Auch die DNA von Beweistücken, die schon seit Jahren in den Asservatenkammern schlummern. 1998 wurde die DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamts (BKA) eingerichtet, die ständig mit neuen Daten gefüllt wird. Jedes LKA eines Bundeslandes hat Zugriff darauf. „Es gibt ständig Abgleiche zwischen einem Tatort und Tätern,” so Achterfeld. Von einem „Treffer” spricht die Polizei, wenn die DNA auf einem Beweisstück mit der DNA eines registrierten Täters übereinstimmt. Wenn sich also der Mörder des Günter K. irgendwann strafbar macht und/oder bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung eine Speichelprobe abgibt, „dann haben wir ihn,” sagt Achterfeld.
Ermittler brauchen einen langen Atem
Dass Ermittler einen langen Atem haben müssen, zeigt auch ein weiterer Fall, den Jürgen Achterfeld schildert: Vor einigen Jahren wurde eine junge Frau in Mülheim auf dem Heimweg von der Disko brutal überfallen, vergewaltigt und beraubt. Die Kappe des Täters blieb am Tatort zurück, seine DNA konnte gesichert werden. Als der Mann Jahre später einen Raubüberfall beging, wurde er ermittelt. Der DNA-Abgleich bewies, dass er auch der Vergewaltiger war.
Seit Mitte der 90er Jahre wird auch in Mülheim die DNA-Analyse genutzt. „Am Anfang nur für spektakuläre Tötungs- oder Sexualitätsdelikte,” erklärt Jürgen Achterfeld. Bei solchen Taten haben Opfer und Täter nahen Kontakt und die Wahrscheinlichkeit, dass dabei DNA gefunden werden kann, ist hoch. „Inzwischen gehört die Suche nach Täter-DNA zum Standardprogramm der Spurensicherung,” erklärt Kommissar Achterfeld.
Kapazitäten erhöht
Auch, weil die Verfahren verbessert und die Kapazitäten beim LKA, wo die Analysen durchgeführt werden, in den vergangenen Jahren erhöht wurden. „Erst im letzten Jahr konnte ein Handtaschenräuber aus Dümpten mittels DNA-Analyse überführt werden,” erinnert sich Achterfeld. Und hofft, dass irgendwann das LKA anruft und ihm den Namen des mutmaßlichen Mörders von Günter K. nennt.