Mülheim. .

Doppelt jeck starteten die Karnevalisten gestern in die Session 2012/13. Unter dem Motto: „Wir tröten zum Wecken für alle Jecken“ proklamierten sie in der Stadthalle Dirk Filipiak und Susann Pink von der KG Düse zum Stadtprinzenpaar und ließen anschließend auf dem Synagogenplatz ihren Hoppeditz, Pastor Norbert Dudek, gleich zum zweiten Mal erwecken.

Der Styrumer Geistliche stieg vor einer kleinen Schar von Jecken, die feiern statt einkaufen wollten, aus einem riesigen Paketkarton und hielt in seiner farbenfrohen Narrenkluft eine gelungene Rede. O-Ton: „Nun sag ich euch, ihr lieben Jecken, jetzt braucht ihr euch nicht mehr zu verstecken. Und ich spreche hier ganz allgemein vom Karneval, der ist sehr fein. Gleich in des Windes kalter Kälte red’ ich auch zur Politik, und was sie hälte, wenn sie doch nur hätt’ genug vom Geld, dann wär unsere Stadt ‘ne andere Welt. Denn so ernst ist bei uns das ganze Jahr. Die Stadt hat kein Geld, ihr wisst es fürwahr. Nun gut, für ‘ne Riesenkreuzung mit roten Ampeln hat’s gerad noch gereicht, da gibt es kein Hampeln. Dem Nahverkehr geht’s an den Kragen. Aus der Politik da hörte ich es fragen: Ob die Straßenbahn noch sinnvoll sei. Was der Bürger will, ist einerlei. Statt Streichkonzert im Nahverkehr, wär’s besser, wenn ihr wollt hin und her, anstatt mit dem Mercedes oder sonst einem Karren, selber mit Bus oder Bahn zu fahren.“

"Ein tolles Regierungsprogramm"

Um die Politik und das fehlende Geld in der Stadtkasse kamen auch die Tollitäten nicht vorbei. Im Paragrafen 1 ihrer Proklamation garantierten sie allen Bürgern der Stadt Narrenfreiheit und lösten mit ihrem Paragrafen 2 den Stadtrat auf und erklärten die Oberbürgermeisterin zum Mitglied des närrischen Hofstaats.

Außerdem müssen alle Ratsmitglieder (gemäß Paragraf 7) ein Seminar über närrische Sitten absolvieren. „Das ist ein tolles Regierungsprogramm“, lobte Bürgermeisterin Renate aus der Beek die Proklamation. Sie wünschte den Tollitäten „Energie, Weisheit und immer gut gelaunte Untertanen.“

Die Entmachtung kommt gerade recht

Besonders gut gefiel ihr die Entmachtung des Stadtrates. „Vielen Dank dafür. Das kommt uns gerade recht, weil wir Haushaltsberatungen haben und ein Haushaltssicherungskonzept verabschieden müssen. Da freuen wir uns auf eure Vorschläge und sind auch gerne bereit hier und dort zu helfen.“ Da hatten auch die im Saal sitzenden Ratsmitglieder Ramona Baßfeld und Peter Beitz gut Lachen.

Karneval in Mülheim von oben

Hans Blossey drehte während des Rosenmontagszuges in Mülheim einige Runden über der Innenstadt und dokumentierte das jecke Treiben. Foto: Hans Blossey
Hans Blossey drehte während des Rosenmontagszuges in Mülheim einige Runden über der Innenstadt und dokumentierte das jecke Treiben. Foto: Hans Blossey © www.blossey.eu
Hans Blossey drehte während des Rosenmontagszuges in Mülheim einige Runden über der Innenstadt und dokumentierte das jecke Treiben. Foto: Hans Blossey
Hans Blossey drehte während des Rosenmontagszuges in Mülheim einige Runden über der Innenstadt und dokumentierte das jecke Treiben. Foto: Hans Blossey © www.blossey.eu
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Sparvorschläge ließen Prinz Dirk und Prinzessin Susann gestern noch nicht von sich hören. Stattdessen setzten sie handfest ihr Sessionsmotto in die Tat um und bliesen auf ihren Trompeten, die sie sonst als Mitglieder des Musikzuges der KG Düse intonieren, ein flottes Karnevalsschlager-Potpourri, dass ihre beiden Paginnen Michelle und Saskia als tanzende Cheerleader der guten Laune kongenial zu untermalen wussten.

Frühaufsteher

Noch bevor am Sonntag sein Styrumer Hoppeditzkollege Norbert Dudek aus einer Kiste kam, stieg der Hoppeditz der KG Blau Weiß, Thomas Straßmann, bereits am Freitagabend im Broicher Herz-Jesu-Pfarsaal an der Ulmenallee aus einer Mülltonne. Eingerahmt von einem bunten Bühnenprogramm mit Tanz und Musik, nahm Straßmann erwartungsgemäß auch die Lokalpolitik aufs Korn. O-Ton: „Du fährst zehnmal im Kreis, obwohl du die Richtung nicht weißt. Den Stadtkämmerer könnten manche köpfen, weil ihm beim Sparen nichts besseres einfällt, als die Hausbesitzer zu schröpfen.

Und sagt bei den Kindergartengebühren: Es muss leider sein. Ab sofort zahlst nicht nur du, sondern auch dein Geschwisterlein. Und wenn der Rat Dinge beschließt, um die ihn nie jemand bat, und für die er auch kein Geld hat. Und wenn Bürger bei der Haushaltsdiskussion ihre Ideen einbringen können, sich stattdessen aber lieber Abwesenheit gönnen. Und wenn Senioren vorschlagen und meinen, es wäre doch besser beim Sparen zu denken an das Streichen von Kindertagesstätten-Plätzen und das Schließen von Jugendheimen, dann weißt du und dann ist es gewiss, dass du in Mülheim bist.“