Mülheim. .

Der Klimawandel kommt, aber welche Auswirkungen haben die Wetterveränderungen in der Zukunft und wie reagiert man auf sie? Im Rahmen des Netzwerk- und Forschungsprojektes „Dynaklim“ (Dynamische Anpassung an den Klimawandel in der Emscher-Lippe-Region/Ruhrgebiet) suchen auch zwei Mülheimer Akteure, die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) und das Zentrum Wasser des Forschungsinstitut IWW, Antworten auf diese Fragen.

Ihr Blick richtet sich dabei auf die Trinkwasserversorgung: Wie beeinflussen Wetterextreme die Infrastruktur der Wassergewinnung, den Verbrauch und damit verbundene Kapazitäten, die das RWW bereitstellen muss und wie wird es bei Temperaturveränderungen, etwa in heißen Trockenperioden im Sommer, um die Qualität unseres Wassers bestellt sein?

Moderater Anstieg der Temperaturen erwartet

Ausgehend von einem regionalen Klimaprognose-Modell erwartet Roland Roepke vom RWW-Ressourcen-Management bis 2100 im Versorgungsgebiet einen moderaten Anstieg der mittleren Jahrestemperaturen, mildere Winter mit deutlich mehr Niederschlägen und heißere Sommer mit deutlich mehr Tagen, an denen das Barometer Extremwerte erreicht.

Aber wiederum auch Sommer, die sehr trocken sein werden und in denen Starkregen-Ereignisse wiederholt vorkommen, so dass auch die RWW-Gewinnungsgebiete vor den Einwirkungen von Hochwasser geschützt werden müssen. Das Brunnenfeld in Mintard nahe dem Aufbereitungswerk Kettwig wurde bereits mit einer Dichtungswand versehen, die Werke Styrum Ost und West sind ebenso abgedichtet.

Bedarf in Spitzenzeiten

Der bedeutendere Aspekt ist jedoch die Nachfrage in solchen Fällen. Als Beispiel nennt Roepke eine heiße Trockenperiode in Juni und Juli 2010. Die führte damals in Mülheim teilweise zu einem Spitzenwasserbedarf von bis zu 150.000 Kubikmeter pro Tag. „Wenn die Zisternen im Garten leer sind, greifen die Verbraucher auf das Trinkwassernetz zurück“, erklärt er.

Von konkurrierenden Nutzungen spricht der Fachmann: Verbraucher, Industrie und Landwirtschaft sorgen in so einer Hitzephase für eine Herausforderung bei der Wasserversorgung. „Unser Dilemma ist, dass wegen des demografischen Wandels die Wasserabgabe weiter rückläufig sein wird, aber der Bedarf in Spitzenzeiten auf hohem Niveau bleiben wird“, so Roepke.

Die Folge: Speicherkapazitäten müssten vorgehalten werden, die im Normaljahr nicht nötig seien. Letzteres zieht Investitionen in die Infrastruktur nach sich – und wie die bezahlt werden, dürfte für Kunden nicht unwichtig sein.

Feldversuch fand bereits in Oberhausen statt 

Erste Ergebnisse zum Thema Trinkwasserqualität lieferte bereits ein mikrobiologischer einjähriger Feldversuch des IWW, der 2010 zwar in der Nachbarstadt Oberhausen stattfand, die aber mit Trinkwasser aus dem Styrumer RWW-Werk gespeist wird.

An mehreren Messpunkten im Rohrnetz (Freiland, Wald, Park, Gewerbe, stark bzw. weniger versiegelte Flächen in der Stadt, mit niedrigem oder hohem Durchflussverhalten) untersuchten Mikrobiologin Dr. Susanne Grobe und Team im Sommer, Herbst und Winter, wie Temperaturänderungen in den oberen Erdschichten Einfluss auf die Bildung von hygienisch relevanten Organismen im Trinkwassersystem nehmen. Getestet wurden dabei auch verschiedene Rohrmaterialien wie Kunststofferzeugnisse oder Edelstahl.

Ergebnis zeigt eine stabile Trinkwasserqualität

„An den Messstrecken, so genannten Biofilm-Reaktorstrecken, wurde nicht nur das Wasser, sondern auch die Rohroberfläche im Innern nach Mikroorganismen untersucht“, erklärt Susanne Grobe. Hintergrund des Feldversuchs war die Hypothese, ob es durch wärmeres Wasser im Leitungssystem zu einer Vermehrung der Mi­kroorganismen kommt, die als Indikator für eine Verunreinigung gesehen werden kann.

„Das Ergebnis: Wir haben eine stabile Trinkwasserqualität. Im Wasser gab es keine Vermehrung oder Häufung von hygienisch relevanten Organismen“, erklärt Grobe zufrieden. Verantwortlich für dieses Resultat sei, dass das in Styrum nach dem „Mülheimer Verfahren“ aufbereitete Trinkwasser für die Mikroorganismen zu nährstoffarm ist. Auch die Temperatur habe in Folge dann keinen Einfluss auf die Kolonienvorkommen.

Die Anstrengungen bei der Aufbereitung seien Grundlage dafür, dass man bisher keine negativen Auswirkungen gefunden habe, so Ronald Roepke, Leiter des RWW-Ressourcenmanagement.

Auf einen wichtigen Qualitätsaspekt verweisen Grobe und Roepke dabei auch noch ein bisschen stolz: „Es handelt sich bei unserem Trinkwasser um nicht gechlortes Wasser.“