Mülheim..
Städtische Wirtschaftsförderung ist eine freiwillige Leistung von Kommunen – und als solche nun auch auf die Streichliste von Stadtkämmerer Uwe Bonan gelangt. Bisher hat sich die Stadt mit „Mülheim & Business“ (M&B) eine eigenständige Gesellschaft mit jährlichem Zuschussbedarf von zuletzt rund 1 Mio. Euro geleistet. Das könnte sich in Zukunft ändern: Die Stadt gibt sich gewillt, die Aktivitäten ihrer Tochter radikal zu beschneiden. Nun muss die Politik entscheiden, wie viel Wirtschaftsförderung es künftig noch sein soll.
Die Mülheim & Business GmbH ist in öffentlich-privater Partnerschaft im Jahr 2000 gegründet worden. Das Grundkapital in Höhe von 100.000 Euro stellen entsprechend ihrer Gesellschaftsanteile die Beteiligungsholding der Stadt (50,1 %) und der Unternehmerverband Mülheimer Wirtschaftsvereinigung (49,9 %). 988.000 Euro Minus hat M&B im vergangenen Jahr gemacht; der Fehlbetrag ist zu 100 % auszugleichen von der Beteiligungsholding (BHM).
Aktuelle Haushaltsdebatte steht zur Disposition
Abgestimmt mit der Kämmerei stellt die BHM die Wirtschaftsförderungsgesellschaft nun in der aktuellen Haushaltsdebatte zur Disposition. Vorstellbar ist für BHM-Geschäftsführer Dr. Hendrik Dönnebrink gar, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft aufzulösen und die Aufgabe zurück in die Verwaltung zu holen, mit dann nur noch vier bis fünf statt aktuell zwölf Mitarbeitern, die laut Jahresabschluss im Jahr 2011 mit Personalkosten in Höhe von 769.000 Euro zu Buche standen, Geschäftsführer Jürgen Schnitzmeier erhielt dabei gut 145.000 Euro.
Personalkosten sind naturgemäß der wesentliche Kostenblock bei M&B. Eine Reduzierung der teilweise befristeten Stellen, auch ein Wegfall eines Geschäftsführergehaltes könnten laut Rechnung der Stadt bis 2017 helfen, strukturell eine halbe Million Euro einzusparen. Sollte die Politik jene Ämterrückführung absegnen, würde sich die Wirtschaftsförderung künftig auf ihre Kernaufgaben zu beschränken haben: den Unternehmensbestand zu pflegen, Unternehmensansiedlungen möglich zu machen und als Lotse durch die Verwaltung zu fungieren. Eigene Projekte müsste die Wirtschaftsförderung dann begraben.
Verschmelzung von M&B und Stadtmarketing denkbar
Denkbar ist laut Konsolidierungskonzept auch eine Verschmelzung von M&B und Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH. Die Politik hat laut BHM-Chef Dönnebrink zu entscheiden, welche Leistungen M&B künftig noch erbringen und wie die Wirtschaftsförderung künftig organisiert werden soll. „Ich möchte den Prozess offen lassen.“
M&B-Geschäftsführer Jürgen Schnitzmeier wollte gestern nichts zu der Diskussion um die Zukunft seiner Gesellschaft sagen. „Es ist Aufgabe der Gesellschafter, die Aufgaben der Wirtschaftsförderung zu definieren“, sagte er nur. Auch Heinz Lison, Sprecher der Mülheimer Wirtschaft, wollte sich (noch nicht) äußern.
Projekte, die auf dem Spiel stehen
Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft hat über die Themen Bestandspflege, Ansiedlungen und Unterstützung bei behördlichen Anliegen hinaus ein ausgedehntes Projektgeschäft aufgebaut, auch mit Hilfe von Fördermitteln von EU und Land. Eine Auswahl.
Game Development Initiative: Mit der Uni Duisburg-Essen hat sich M&B zum Ziel gesetzt, die Wachstumsbranche der Spieleentwickler in der Region zu etablieren. Sichtbarstes Zeichen der Initiative ist die Games Factory Ruhr an der Kreuzstraße, ein Hort für Unternehmen der Branche.
Kreativwirtschaft: Seit 2011 müht sich M&B um die Unterstützung der kleinteiligen Kreativwirtschaft, in erster Linie durch die Vernetzung der Szene, von der Architektur- bis zur Werbebranche.
Existenzgründer: Seit 2006 ist M&B als „Startercenter NRW“ erste Anlaufstelle für Gründer. Im Jahr 2011 wurden 455 Gründungswillige beraten. In der Gründerinnenwerkstatt werden insbesondere Frauen unterstützt.
HRW-Initiativen: M&B stellt die Geschäftsführung des Fördervereins der Hochschule Ruhr West, betreibt das Zentrum Zukunft durch Innovation am Berufskolleg Stadtmitte, in dem Schüler an MINT-Fächer herangeführt werden, und versucht, einen Nährboden für eine Gründerkultur im Umfeld der Hochschule zu schaffen.