Mülheim.

Es regnet, also findet der Kletterworkshop mit den zehn Jugendlichen nicht wie geplant in den ­Bunkergärten des Landschaftsparks Duisburg-Nord, sondern in der Neoliet-Kletterhalle an der Ruhrorter Straße in Mülheim statt.

Michael Cremer, 1. Vorsitzender des Alpenvereins, Sektion Mülheim, hat sich mit seinem Ausbildungsleiter-Kollegen Georg Klapp und Ausbildungsreferenten Heiner Riemer frei genommen, um den Kids aus Wanne-Eickel, die an einer „Maßnahme für Schulmüde“ teilnehmen, das Klettern nahe zu bringen. „Das ist eine geförderte Maßnahme, durch die Anfrage eine Kletterkollegin zustande gekommen, der wir gerne diesen Gefallen tun. Außerdem bringt es auch Geld in unsere Vereinskasse“, sagt Cremer, der schon so lange klettert, wie er denken kann. Die Jugendlichen, die aus extremen Lebenssituationen kommen, hören sich die ausführlichen Erklärungen zur Ausrüstung eher gelangweilt an, werden aber zunehmend lebendig, als es an die Wand geht.

Beim Klettern auf andere verlassen

Die Mädels zieren sich, wollen „nur mal einen Meter oder so“ hoch, sind dann aber die ersten, die locker dreizehn Meter Höhe ­bewältigen. Klapp und Cremer sichern sorgfältig, erklären präzise jeden Handgriff und jeden Karabiner. Auch Tipps, wie man sich an der Wand am besten bewegt, gehören dazu. „Sie sollen heute ein wenig herausfinden: Was kann ich? Wie kann ich mich auf den anderen verlassen?“ erklärt Klapp, und verteilt Lob und Zuspruch.

Cremer, seit sechs Jahren erster Vorsitzender, betont die erfolgreiche Familienarbeit seines Vereins. „Vor zehn Jahren waren nur fünf Prozent unserer Mitglieder 24 Jahre oder jünger, jetzt sind es schon 20%, die Tendenz ist steigend. Wir haben viel in unser Familienprogramm investiert, so wachsen die Kinder gleich mit dem Sport auf. Das macht sich jetzt in der Statistik bemerkbar. In der Herbst-Familienfreizeit am Gardasee geht es eine Woche an drahtseilgesicherten Wegen durch die Berge. Damit kann man auch junge Menschen begeistern“, freut sich Cremer.

Ehrenamtliche Verantwortung

Im umfangreichen Kurs-Programm bietet der Verein Klettern, Nordic-Walking, Mountainbiking, Bouldern oder das seit kurzem angesagte Slacklinen – und dass alles bei nur drei Ausbildungsleitern und einigen Assistenz-Ausbildern, sagt der Vorstand bedauernd. Das sei das eigentliche Problem – nicht nur seines Vereins.

Es gibt viele, die Sport machen wollen, aber ehrenamtlich Verantwortung übernehmen möchten nur wenige, „obwohl wir als Verein die hochwertigen Fortbildungen natürlich übernehmen“.

Die Mülheimer Sektion, 1910 „von echten Alpinisten“ gegründet, hat heute 762 Mitglieder.

Als Schutzverein für die Bergwelt 1869 in Deutschland gegründet, steht heute noch der Erhalt von Natur und Kultur im Vordergrund.

Der Verein hat über eine Million Mitglieder, unterhält 330 Hütten und pflegt ein Wegenetz von 30 000 km. Die Mülheimer Sektion besitzt eine rustikale Hütte in der Eifel, „die wir an Gruppen vermieten“, so Cremer.