Mülheim. .
Die Grundschulen in den Stadtteilen Eppinghofen und Styrum besuchen viele Kinder mit Migrationshintergrund. Die Kleinen haben oft Probleme, den Unterricht auf Deutsch zu verfolgen oder trauen sich nicht, selbst zu sprechen. Ein Projekt der Heinrich-Thöne-Volkshochschule hilft im mittlerweile dritten Jahr Erstklässlern mit Sprachförderbedarf, mehr Vertrauen in sich zu gewinnen.
Wird Viktors Sprachkompetenzfür die Grundschule reichen?
Der kleine Viktor ist erst im Januar nach Deutschland gekommen. Seit dem Ende der Sommerferien besucht er die erste Klasse der Gemeinschaftsgrundschule an der Zunftmeisterstraße. Deutsch ist nicht seine Muttersprache, dafür spricht er jedoch erstaunlich gut. Doch ob seine Sprachkompetenz reichen wird, um die Grundschule erfolgreich zu meistern?
Ein Projekt der Heinrich-Thöne-Volkshochschule mit den Stadtteilkoordinatoren der Bildungsnetzwerke und der RAA unterstützt und entwickelt die sprachlichen Kompetenzen von Kindern wie Viktor. Eine Woche während der Herbstferien verbringen die Erstklässler zusammen. Sie reden miteinander, singen, tanzen und erzählen Märchen in Form von Theaterstücken nach. Die Übungen unter Anleitung von professionellen Schauspielern bringen die Kinder spielerisch dazu, mehr Deutsch zu sprechen. Diese Art von Erzählwerkstatt vermittelt nicht nur sprachliche und soziale Kompetenzen, sondern verwandelt die Schule zu einem positiven Ort, an dem die fremdsprachigen Erstklässler Freude statt Angst empfinden können und zu dem sie gerne hingehen.
„Es ist erstaunlich, wie sich die Kinder entwickelt haben. Ich war am Anfang der Veranstaltung da und manche trauten sich gar nicht, etwas zu sagen. Jetzt erzählen sie völlig gelöst vor Publikum“, sagt Stadtteilkoordinatorin Halime Cakir-Nurdogan begeistert. Und weil auch die Eltern mitbekommen sollen, welche Fortschritte ihre Sprösslinge machen, haben die kleinen Teilnehmer sie am letzten Tag der durch Mittel der Leonhard-Stinnes-Stiftung finanzierten Veranstaltung zu einer Vorführung eingeladen.
Die Geschichte von der Raupe Nimmersatt ist definitiv die Lieblingsstory der Schüler. Sie erzählen das Märchen gemeinsam mit Regisseur Markus Hilgers, der das Konzept für die Erzählwerkstatt entwickelt hat. „Wir spielen gemeinsam kleine Theaterstücke und schaffen so eine Situation, in der die Kinder ständig automatisch sprechen, ohne dass sie dazu aufgefordert werden müssten. Sie reden, sie sprechen, sie freuen sich, sich auszutauschen. Sie trauen sich nun – und das war unser Ziel.“
Angebot allerdings nur für Kinder im ersten Schuljahr
Von den Lehrern kamen in den vergangenen Jahren ebenfalls positive Rückmeldungen. Die meisten merken sofort, dass die Kinder die Erzählwerkstatt besucht haben, weiß Nicole Linau von der Heinrich-Thöne-Volkshochschule. Zu ihrem Bedauern wird die Sprachförderung in spielerischer Form jedoch nur Kindern des ersten Schuljahrs angeboten. Dabei würden auch ältere Schüler davon profitieren können, ist Nicole Linau überzeugt.
Die kleinen Erstklässler tun es jedenfalls ganz offensichtlich: Unter glücklichem Lachen spielen sie die Geschichte von der Raupe Nimmersatt – die sich nach sieben Tagen in einem wunderschönen Schmetterling verwandelt.