Mülheim. .

Der Schwimmmeister, der am ­Beckenrand seine Runden dreht, kommt künftig nicht mehr aus der Stadtverwaltung, sondern aus einem der Mülheimer Schwimmvereine. Die Sportvereine übernehmen zum 1. August 2013 das Wennmann-Bad, das Hallenbad Süd und das Nordbad und werden sie in Form einer gGmbH betreiben.

Ziel ist es, aus Sicht der Vereine und der Stadt, die wenigen Wasserflächen, die es zum Schwimmen in Mülheim gibt, für die Bürger langfristig zu erhalten, gerade in Zeiten des wachsenden Spardrucks. Martina Ellerwald, Leiterin des zuständigen Sport-Service, lobt das Engagement der Vereine und freut sich: „Es geht nichts verloren, wir als Stadt sparen aber rund 20 Prozent Personalkosten.“ 420.000 Euro Zuschuss im Jahr werden die Vereine von der Stadt für den Betrieb bekommen und sie werden sich verpflichten, feste Zeiten für das Schulschwimmen und für die ­Öffentlichkeit anzubieten.

Verschiebungen im Belegungsplan

Einen entsprechenden Zeit- und Belegungsplan gibt es bereits. ­Danach wird es zu Verschiebungen kommen: Das Friedrich-Wennmann-Bad in Heißen wird „das Bürgerbad“, die Öffentlichkeit ­erhält dort künftig 84 statt bisher 73 Stunden in der Woche zum Schwimmen, die Vereine werden dort nur noch an drei Stunden in der Woche ihre Bahnen ziehen. Auch das Schulschwimmen wird in Heißen verringert. Das Frühschwimmen von 6 bis 7 Uhr wird an zwei Tagen statt nur an einem Tag angeboten, dafür wird es beim Spätschwimmen zwischen 21 und 22 Uhr Abstriche geben. „Die Nachfrage war nicht so groß zu dieser Zeit“, sagt Martina Ellerwald.

Im Gegenzug verliert die Öffentlichkeit im Hallenbad Süd fünf Stunden in der Woche, dort stehen ihr dann nur noch 22 Stunden ­Badezeit zur Verfügung. Die Vereine gewinnen zehn Stunden hinzu und kommen auf 47 Stunden, ebenso bekommen sie im Nordbad mehr Zeiten eingeräumt.

Ein Stück Lebensqualität

In der Politik stößt das Vorgehen und die gGmbH in Vereinshand mehrheitlich auf Interesse. Doch es gibt auch Kritik: „In den Hallenbädern Nord und Süd als auch im Rembergbad sind kaum noch Öffnungszeiten für nicht in Vereinen aktive Bürger ausgewiesen“, beklagt Klaus Kuczera, sportpolitischer Sprecher der Grünen. Man könne Menschen aus dem Süden oder Westen der Stadt nur schwer den Weg in das Heißener Bad als einzige Alternative zumuten. „Öffentliche Bäder sind ein Stück Lebensqualität, die allen zugänglich sein sollte.“

Zu was Kommunen in ihrer Haushaltsnot fähig sind, sieht der Vorsitzende der Fachschaft Schwimmen, Helmut Kremer, in vielen Städten: Bäder werden aufgegeben. Auch das Heißener Hallenbad hatte der Kämmerer schon mal auf die Sparliste gestellt. Bürgerproteste kippten den Vorschlag. „Uns geht es heute um Bestandsschutz der Bäder“, betont Kremer, dies sei im Interesse aller Bürger. Ohnehin sei Mülheim eine Stadt mit vergleichsweise sehr wenig Wasserfläche.

Mit der deutlichen Reduzierung der Personalkosten bei der Übernahme der Bäder sehen die Vereine einen wichtigen Sparbeitrag für den städtischen Haushalt. Dabei werden die Vereine nicht einmal mehr Trainingsstunden gewinnen. Diese könnten sie angesichts der sehr erfolgreichen Jugendarbeit gut gebrauchen, vor allem auch eine 50-Meter-Bahn, die seit vielen Jahren auf der Wunschliste steht – und dort bleibt. „Wir sind natürlich Realisten“, sagt Kremer, „aber vielleicht kommt ja mal eines Tages ein Sponsor . . .“