Zunehmend beklagen sich ältere Menschen in der Stadt über lange Wege zum nächsten Geschäft. Auch Kritik an der Schließung von Post-Filialen wird laut. Schlechte Noten gibt es für Nahverkehr am Abend.

Die Nahversorgung ist zu weit weg. Immer mehr ältere Menschen klagen über zu lange Wege, um für den täglichen Bedarf einzukaufen. Einer, der sich diese Sorgen anhört, ist Hermann Messmann, Kommunalpolitiker, Mitglied einer Bezirksvertretung in der Stadt. „Ich werde laufend auf dieses Problem angesprochen” , sagt er und zählt die Ecken mit den weiten Einkaufswegen auf: Papenbusch, Winkhauserweg, Bottenbruch, Saarner Straße, Uhlenhorst, Dinkelbachhöhe.

Gleich reihenweise beklagen sich Senioren in Gebieten von Dümpten. Die großen Einkaufszentren – für die meisten zu weit weg, keine Alternative. Da wünscht sich mancher eher den kleinen Verkaufswagen, der in die Straßen fährt.

Ruf nach Tante Emma

Ist die wohnortnahe Versorgung mit Lebensmitteln zum ernsten Problem geworden in der „ältesten kreisfreien Stadt des Landes”, wo 23,8 Prozent der Menschen jenseits des 65. Lebensjahres sind? Ja, meint die Vorsitzende der Senioren-Union, Ingrid Kohlbrei, die dies Anfang Februar zu einem zentralen Thema auf der Jahreshauptversammlung machen will. Doch wie reagieren?

Der Ruf nach Tante Emma ist längst wieder da. „Doch ich sagen denen, die jetzt klagen auch: Hättet Ihr früher in den Läden vor Ort gekauft, gäbe es sie vielleicht noch”, so Messmann.

Die Senioren in Mülheim wollen verstärkt Entwicklungen, Veränderungen einfordern. Auch politisch will die Senioren-Union, deren Mitglieder nicht unbedingt der CDU angehören müssen, stärker mitmischen. Sie drängen in die Parlamente und Vorstände, um dort die Interessen der Älteren besser zu vertreten. „Es reicht uns nicht, zum Plakate kleben herangezogen zu werden oder Info-Tische in Fußgängerzonen zu betreuen”, macht Ingrid Kohlbrei selbstbewusst klar. „Das passt uns nicht mehr!”

Zunehmend in die Kritik ist auch die Post geraten. Unfug sei die Schließung von Filialen in Styrum und Saarn gewesen. Auch hier, schimpft Ratsherr Rainer Hartmann, sei der Weg weiter geworden, die Erreichbar umständlicher – wieder mal zu Lasten der älteren Menschen.

Manchmal, heißt es, seien es nur Kleinigkeiten, die den Menschen im Alltag jedoch große Probleme bereiteten. Ingrid Kohlbrei hat den Unmut gesammelt. Da berichten ältere Bürger über viel zu kurze Grünphasen an Ampeln, über viel zu schnelle Rolltreppen, über Hinweisschilder mit viel zu kleiner Schrift, über Beleuchtungen mit viel zu wenig Helligkeit, über Weg, die alles andere als barrierefrei sind.

Mehr Sicherheit bedeutet für Ältere auch, dass sie sich in der Stadt wohler fühlen. Zum Wohlfühlen gehört für viele der Kulturgenuss. „Doch abends scheuen immer mehr Senioren den Weg nach draußen”, berichtet Kohlbrei. Die Angst vor Überfällen spiele dabei eine Rolle, aber auch die Sorge: Wie komme ich wieder nach Hause? Die Nahverkehrsverkehrsverbindungen halten viele gerade in den Abendstunde für nicht ausreichend, und das gelte vor allem für die Anbindung des Theaters an der Ruhr. „Mehr Kultur am Vormittag” wäre aus Sicht der Senioren-Union eine Alternative.

Doch klein sind diese Probleme gegen das der Vereinsamung. Der einsame Tod einer älteren Dame kürzlich in Styrum bewegt immer noch zahlreiche Menschen: Wäre er zu verhindern gewesen? Hartmann sucht nach Antwort auf die Frage: „Wie können wir künftig solche Menschen rechtzeitig aufspüren?”