Mülheim. .

Mit noch 91 Jahren ist Cornelia Hahn Oberlander vom kanadischen Vancouver ins Ruhrgebiet eingeflogen. Unglaublich, wie fit, rege und interessiert die aufgeschlossene Frau mit dem modernen Kurzhaarschnitt und dem offenen Lachen ist. Vielleicht hat das damit zu tun, dass sie viel draußen in der Natur ist. Denn die gebürtige Mülheimerin ist in Kanada eine bedeutende Landschaftsarchitektin, hat dort die Städte geprägt und genießt einen internationalen Ruf. Auch der Dachgarten der kanadischen Botschaft in Berlin trägt die Handschrift von Cornelia Hahn Oberlander.

Nach langer Zeit ist sie wieder in Mülheim, dem Ort ihrer Kindheit, wo sie die ersten sieben Jahre verbrachte. Sie ist auf Einladung von Susanne Dickel von der Klima Initiative gekommen und auch deshalb hier, weil kürzlich im Kunstmuseum eine Foto-Ausstellung über ihr Schaffen gezeigt wurde. Großer Bahnhof bei ihrer Ankunft im Kunstmuseum.

„Wundervolle Bäume“

Bevor sie in großer Runde über ihre Arbeit spricht, ist sie mit offenen Augen durch die Stadt gegangen, ist bis zum Bismarckturm gelaufen und war natürlich an der Ruhr. „Das ist hier alles so wunderbar. Das ist Erholung für Menschen in den großen Städten.“ Mülheim sei sehr grün geworden „mit wundervollen Bäumen.“ Und sie sei ganz erstaunt darüber gewesen, wie sauber die Ruhr ist. „Meine Mutter hat mir noch erzählt, wie dreckig und vergiftet der Fluss damals war.“ Das Wassermuseum hat sie auch erkundet. „Das ist für die Kinder doch ein himmlisches Angebot.“ Und noch etwas hat sie beeindruckt: „Wie das alte und das neue Mülheim zusammen gewachsen ist.“

Schreckliche Stahltöpfe

Weniger begeistert ist die Landschaftsarchitektin von der Schloßstraße und dem Synagogenplatz. „Eure Innenstadt sollte grüner werden.“ Und dabei hat die rührige Frau schon recherchiert: „Ich habe herausgefunden, dass unter dieser ganzen Fläche eine Tiefgarage ist.“ Die Bäume in den Stahltöpfen auf der Schloßstraße findet sie schlichtweg „schrecklich.“ Sie schlägt vor: „Man müsste das Niveau insgesamt etwas anheben“ so wie sie es beim Robson Square in Vancouver mit großen Pflanzboxen gemacht habe. „Wenn man einen Meter Erde in einer speziellen Mischung auffüllt, dann kann man schon Bäume setzen.“ Linden fände sie hübsch. „Jeder sitzt doch gerne unter einem Lindenbaum, da fühlt sich der Mensch wohl.“ Und die Blüten seien doch so schön. Es gäbe auch Arten von Linden, die nicht so riesig werden und darunter könnte man noch Blumen setzen.

Sie schaut auf den Synagogenplatz und schüttelt den Kopf: „Ungemütlich. Kein Platz mit Aufenthaltsqualität, da gibt’s nichts zu entdecken, nichts, was das Auge reizt.“ Auch dort könnte man in höher gelegte Pflanzbeete Bäume setzen. Kleine japanische Bäume würden dorthin passen wie Zier-Ahorn. Bänke zum Verweilen müssten her. Der einzige Platz, um sich zu setzen, seien die Stühle vor Rick’s Café.

Flucht aus Mülheim

Mülheim hat Cornelia Hahn Oberlander mit sieben Jahren verlassen. Die Familie zog zunächst nach Berlin und flüchtete 1938 wegen zunehmender Judenverfolgung nach England. Nach Studien und Arbeiten in den USA ging Cornelia Hahn Oberlander nach Kanada. Sie war eine der ersten, die erkannten, wie wichtig die Ökologie, die Natur für das soziale Gefüge einer Stadt ist. Und so brachte sie grüne Oasen und Wasserfälle in die grauen Betonschluchten der Metropolen, begrünte Dachgärten und schuf Parks. Für pragmatische Lösungen ist die patente Landschaftsarchitektin bekannt: „Ich könnte euch hier in Mülheim helfen, aber ohne ein Gesamtkonzept geht das nicht.“