Mülheim. Wie sich Senioren davor schützen können, ein leichtes Opfer, zum Beispiel am Geldautomaten, zu werden. Interview mit einer Kriminalkommissarin.
Trickdiebe und Räuber, die Bankkunden an Geldautomaten um ihr Geld bringen, haben zuletzt auch öfter in Mülheim zugeschlagen. Wie können sich vor allem Senioren davor schützen, Opfer zu werden? Nachgefragt bei Kriminalhauptkommissarin Brigitte Niebuhr, die sich im Kommissariat Vorbeugung und Opferschutz der Polizei vor allem mit Senioren beschäftigt.
Sind Ältere stärker gefährdet, Opfer an Bankautomaten zu werden?
Brigitte Niebuhr: Zu Beginn waren diese Tätergruppen ja mit ihren Klemmbrettern auf der Straße unterwegs. Dann hat es sich zu den Geldautomaten hin verlagert: Man hat mit den Klemmbrettern die Tastatur abgedeckt, um so an die Tasten und das Geld zu gelangen. Inzwischen gibt es eine Steigerung, dass die Täter die Opfer körperlich angehen. Das ist nicht nur auf Lebensältere beschränkt. Aber ältere Menschen sind natürlich aus der Sicht eines Täters immer die leichteren Opfer, das ist so.
Was raten Sie Älteren zum eigenen Schutz?
Niebuhr: Wenn es möglich ist, sollte man zum Geldabholen immer zu zweit gehen. Man sollte unbedingt darauf achten, was um einen herum vorgeht. Oftmals sind Senioren so konzentriert auf die Tastatur, dass sie es versäumen, um sich zu schauen. Man sollte immer kritisch und aufmerksam sein: Wer steht hinter mir oder neben mir, kommt mir jemand zu nah...
Und dann?
Niebuhr: Dann sollte man deutlich und selbstbewusst sagen: „Halten Sie bitte Abstand! Kommen Sie mir nicht zu nahe!“
Sollte man dann nicht besser anstatt am Automaten sein Geld am Schalter abholen?
Niebuhr: Man sollte immer aufmerksam sein, ganz gleich, wo man sein Geld abholt. Immer sollte man schauen, was um einen herum geschieht. Bewusst mit der Situation umgehen. Am besten zu Geschäftszeiten, wenn jemand in der Bank ist, Geld abheben. Wenn es viel ist, sollte man das nicht alleine machen. Wenn einem dann etwas komisch vorkommt, sollte man auf sein Bauchgefühl hören. Dann sollte man den Vorgang abbrechen oder gar nicht erst beginnen. Stattdessen in die Bank gehen und einen Angestellten auf die Situation aufmerksam machen, ihm oder ihr sagen, dass man sich unsicher fühlt. Das setzt aber auch voraus, dass man aufmerksam ist, dass man sich bewusst ist, was man gerade macht. Wie viele Leute gehen noch mit ihren Geldscheinen in der Hand hinaus und packen das Geld dann erst zwischen Tür und Angel weg!
Der Goldkettchen-Trick braucht Nähe
Leider fallen auch immer wieder Senioren auf den so genannten „Goldkettchen-Trick“ herein...
Das ist dasselbe Prinzip: Fremde rücken einem auf die Pelle, die hartnäckig sind und forsch. Auch werden diese Täter schon mal frech. Man wird von fremden Leuten angesprochen, der Kontakt wird gesucht. Meist aus einem Fahrzeug heraus, das mit mehreren besetzt ist. Man soll etwa einen Weg erklären. Und dann wird ausgestiegen, es wird Körperkontakt hergestellt. Etwa, indem Schmuck um den Hals gelegt wird – und am Ende stellt man fest, dass die eigene Halskette gestohlen wurde.
Ihre Empfehlung?
Vorsichtig sein und Abstand halten. Machen Sie einen Bogen um die Leute, zu denen Sie keinen Kontakt wollen. Wenn Sie diese nicht loswerden, wenn die Unbekannten einfach weiter hinter oder neben Ihnen hergehen, gehen Sie in eine Geschäft, damit Sie nicht mehr alleine sind.
Worauf ist noch zu achten?
Wenn Fremde auf Sie zukommen, vor allem auf den eigenen Geldbeutel. Und man muss mit den eigenen Daten, mit dem Herausgeben der Adresse, sehr vorsichtig sein, wenn man draußen auf der Straße von fremden Menschen angesprochen wird.
Was ist die Masche der Täter und wie schützt man sich davor?
Niebuhr: Halten Sie Abstand. Die Täter suchen einen sehr nahen Körperkontakt, das ist ja gerade der Trick. Und es ist auch ein typischer Hinweis, egal, ob man nun draußen oder drinnen angesprochen wird. Die Täter sind sehr, sehr anhänglich, sie kleben ja quasi an den Leuten dran und man wird sie gar nicht mehr los — weder am Automaten, noch auf der Straße. Da ist mancher dann schnell mit der Situation überfordert. Man sollte, in der Bank, den Abhebevorgang schnell abbrechen oder auch andere Leute auf die Situation aufmerksam machen. Sich durchsetzen ist angezeigt, und wenn man es selbst nicht mehr kann: Bitten Sie andere um Hilfe!
Wie sollten Zeugen denn reagieren, wenn man die Not erkennt?
Niebuhr: Indem man ruft: Gehen Sie da weg von der Frau oder dem Mann. Viele denken vielleicht: Das sind ja Kinder, mit denen wird man fertig. Wenn es zwei sind, die da an einem kleben, hat man keine Chance. Auch wenn Kinder solche Straftaten ausüben, haben sie ja eine gewisse Routine. Sie gehen forsch vor, und kennen keine Rücksicht.