Mülheim. .
Der paradiesische kleine Garten im Herzen der Innenstadt, hinter dem Kunstmuseum, ist ganz ohne Auftrag, sozusagen inoffiziell, von Nicole Auras angelegt worden. Sie ist eine sogenannte „Guerilla“-Gärtnerin und hat die öffentliche Grünfläche mit ihrer gärtnerischen Tätigkeit quasi „besetzt“. Der - halb-offizielle - Tipp, sich um die verwahrloste Fläche zu kümmern, ist in diesem Fall von Sabine Decker von der Mülheimer Initiative für Klimaschutz gekommen, die sie bei der „Schlimm-City“-Veranstaltung kennen gelernt hat. Die Idee, die Stadt durch private Initiative zu verschönern und in Besitz zu nehmen, begann in England und hat Mülheim erreicht.
Nicola Auras geht jetzt seit eineinhalb Jahren täglich zu ihrem blühenden Garten und sieht nach, was anliegt, welche der unzähligen Pflanzen Wasser braucht, wo Unkraut zu jäten ist. Passanten, die den kleinen Park durchqueren und zum Bürgeramt gehen, bleiben verwundert stehen und sehen sich in Ruhe in dem ganz ungewöhnlichen Gärtchen um. Da stehen winzig-kleine Schildchen vor den bunt-blühenden Stauden, vor der Geranie liest man „Es stinkt!“, vor anderen Pflanzen steht „Colablume“, „Lecker“ oder „Es duftet“. Kleine Windräder, Figürchen, Steine und Muscheln umranden und verzieren die Beete, schmale Wege laden vorsichtige Pflanzenfreunde ein, den Garten zu betreten. Es wächst eine Calla neben der Margerite, es gibt wilde Erdbeeren, Edelweiß und ein Kräuterbeet, dessen Kräuter auch durchaus genutzt werden.
Schon immer vom Garten geträumt
Die Gärtnerin, eine zierliche Frau mit langen schwarzen Haaren, steht vor ihrem Reich und weiß nicht so recht, was sie von der öffentlichen Aufmerksamkeit halten soll. „Ich habe mir schon immer einen eigenen Garten gewünscht und hatte auch schon eine Stelle für eine Gärtnerlehre, aber dann bin ich schwanger geworden und es hat nicht mehr geklappt. Dann habe ich in den Medien vom Guerilla-Gardening erfahren, bin seit eineinhalb Jahren hier und wundere mich ständig, was alles geschieht. Ich soll sogar für einen Klimaschutzpreis nominiert sein!“
Große Hundehaufen musste sie in den ersten sechs Monaten jeden Tag wegmachen und fand morgens zertretene Pflanzen im Beet. „Ich wollte die Hundebesitzer auf keinen Fall anmeckern. Als ich schon überlegt habe, ob ich mit meinem Projekt aufhören solle, hörte das auf einmal alles auf“, erzählt sie strahlend. Mittlerweile kämen manchmal fünf bis zehn Menschen pro Tag, um ihr zu sagen, wie schön sie ihre Arbeit finden. Auch die Hundebesitzer passen auf, dass ihre Hunde das Gärtchen nicht als Toilette benutzen. Eines Tages stand in MEG-Mitarbeiter vor ihr und fragte, „Kann ich helfen?“ Seither räume er regelmäßig den Kompost weg, freut sich die Mülheimerin. Ein Mann wollte ihr Geld für Pflanzen geben. „Aber ich nehme kein Geld und habe vorgeschlagen, er könne mir einen Blumen-Gutschein schenken“, erzählt die schüchterne Mülheimerin lächelnd, die das Gärtnern am Anfang nur für sich alleine gemacht hat und sich eine kleine Ruheoase schaffen wollte. Jetzt sei es regelrecht ein soziales Projekt geworden. „Ich möchte mich für die Mitmenschlichkeit der Leute bedanken, die mich unterstützen. Für mich ist der Garten auch ein Stück Verantwortung geworden, denn es gibt Phasen, in denen ich lange krank bin. Jetzt kümmere ich mich, auch wenn es mir nicht gut geht. Mit all dem hatte ich zu Beginn nicht gerechnet“, sagt Nicole Auras, die schon viele schönen Geschichten erlebt hat. „Einmal war mir eine Staude in Düsseldorf versprochen. Da ich kein Auto habe, habe ich einen Einkaufswagen genommen, bin nach Düsseldorf gefahren und habe die Pflanze ausgegraben. Dann bin ich wieder zurück und habe sie in die Erde gebracht“, erzählt die ruhige Frau, die von Grundsicherung lebt und sich als menschenscheu bezeichnet. An heißen Tagen holt sie das Blumenwasser Kanne für Kanne von zu Hause, ist für jede Kanne 20 Minuten unterwegs. Manchmal darf Nicole Auras auch den Wasser-Anschluss der Markthändler benutzen.
Viel Liebe, Geduld und Zeit
Hier ist keine Landschaftsarchitektin am Werk, aber jemand, der ein Stückchen Erde mit Liebe, Geduld und Zeit bearbeitet, was man an den gut wachsenden Pflanzen erkennen kann. Die Anlage solle ordentlich sein, aber trotzdem durcheinander. Sie habe bei der Gestaltung an eine Welle gedacht. Vorne stehen die niedrigen Pflanzen, nach hinten hin werden sie langsam höher.