Mülheim. .

Bewohner im Wohnpark Dimbeck befürchten, ein zweites Mal eine Kaution in vierstelliger Euro-Höhe hinterlegen zu müssen. Der Mieterschutzbund, der rund ein Dutzend Bewohner der Seniorenwohnanlage berät, hält einen Appell an die zuletzt 154 Mieter für nötig: „Auf keinen Fall irgendetwas unterschreiben“, sagt Geschäftsführer Harald Bartnik. Derweil versucht die Anderson AG als neue Eigentümerin die Wogen zu glätten.

Wie berichtet, ist es Insolvenzverwalter Axel Schwentker nach Monaten der Ungewissheit gelungen, mit der Anderson AG ab 1. Juli eine neue Betreiberin für den Wohnpark zu finden. Nur wenige Tage zuvor erhielten die 154 Mieter des Wohnparks nun Post von der Insolvenzverwaltung: inklusive Kündigung ihres Mietvertrages zum 31. August. Dies sei wegen des Eigentümerwechsels nötig, beruft sich der Oberhausener Insolvenzverwalter auf einen entsprechenden Paragrafen im seit 2009 geltenden Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz. Dieser räumt als Spezialgesetz Heimbetreibern bei Eigentümerwechseln weitreichendere Kündigungsrechte als im Mietrecht üblich ein. So etwa, wenn der Unternehmer den Betrieb „einstellt . . .“ Die insolvente Engelbertus gGmbH hat den Betrieb eingestellt . . .

Mieter könnten bis zu 3000 Euro Kaution zahlen müssen

Nicht einverstanden mit den Kündigungen ist der örtliche Mieterschutzbund. Geschäftsführer Harald Bartnik hält insbesondere diejenigen Kündigungen für unwirksam, die Mieter betreffen, deren Mietvertrag noch vor dem 1.10.2009 datiert. Da gab es das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, auf das sich der Insolvenzverwalter für die Kündigungen beruft, noch gar nicht. „Viele Mieter haben noch Verträge aus 2007 und 2008“, sagt Bartnik. „Da gilt das Bürgerliche Gesetzbuch und der Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete.“ Das Problem liegt in der Regelung für eine Mietkaution. Der neue Mietvertrag ermöglicht die erneute Forderung einer solchen. Bei hohen Quadratmeter-Mieten im Wohnpark und einer vorgesehenen Kaution von zwei Monatsmieten könnte die Anderson AG 3000 Euro und mehr einfordern.

Noch einmal. Die Bewohner hatten die gleiche Sicherheitsleistung schon gegenüber Engelbertus erbracht. Problem: Ein Teil der Kautionen ist nicht insolvenzsicher bei der Sparkasse angelegt. Welche Kaution sicher sei und welche nicht, so Mieterschützer Bartnik, sei unklar, die Anderson AG sei eine Aussage schuldig. Er ist mit Verweis auf ein höchstrichterliches Urteil (Az. XII ZR 13/10) ohnehin der Ansicht, dass die neue Eigentümerin die Kautionsfrage im Kaufpreis hätte einkalkulieren müssen, Mietern sei das Risiko nicht zu übertragen.

Anderson spricht sich für die Mieter aus

Anderson beteuert nun, bei dem Problem „hundertprozentig auf Seiten der Mieter“ zu sein, so Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Pink. Er schießt scharf gegen den Insolvenzverwalter. Die Kündigung der Mietverträge sei „eine Sauerei“. Sie sei unnötig, die Mietverträge hätten einfach weiterlaufen können. Anderson hätte als Käuferin nach dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ automatisch alle mietvertragsrechtlichen Pflichten übernommen.

Mit einem „advokatischen Winkelschlag“ versuche Schwentker nur seine Insolvenzmasse zu mehren. Pink gab den Mietern im Gespräch mit der WAZ sein Ehrenwort: „Wir werden von keinem Mieter, der seine Kaution verloren hat, auch nur einen Cent verlangen.“ Sein Unternehmen werde Bewohner, die sich gegen die Vorgehensweise des Insolvenzverwalters zur Wehr setzen wollten, unterstützen. Die Insolvenzverwaltung nahm inhaltlich nicht Stellung. Es hieß, man führe in der Kautionsfrage noch Gespräche mit der Sparkasse und Anderson.

Den Wohnpark sanieren

Die Berliner Anderson AG als neue Betreiberin will den Wohnpark Dimbeck umfassend sanieren. Aufsichtsrat Wolfgang Pink spricht von einem Investitionsvolumen von 1,5 Mio. Euro, das ab Anfang August in die vernachlässigte Bausubstanz gesteckt werden soll.

„Wir werden die Baumängel von unserer eigenen Baufirma beseitigen lassen“, so Pink. Die Mängelliste sei lang: So seien etwa Keller trockenzulegen und Dächer auszubessern. Eine Sanierung der Torhäuser sei ebenso überfällig wie Arbeiten an der Heizung. „Wir haben hier 35 % Heizwärmeverlust, wo man nicht weiß, wo die Wärme hingeht“, klagt er über einen hohen Sanierungsstau, den die insolvente Alteigentümerin zu verantworten habe. „Unvorstellbar“, so Pink, „dass die Bauten hier seinerzeit überhaupt in dieser Form abgenommen worden sind.“

An einer weiteren Baustelle ist derweil ein Streit entbrannt zwischen Bewohnern des Wohnparks, deren Interessen vom örtlichen Mieterschutzbund vertreten werden, der Anderson AG und dem Insolvenzverwalter der Pleite-Gesellschaft Engelbertus. Gegenstand sind die Kündigung bestehender Mietverträge und nicht insolvenzsicher angelegte Kautionen.